Die von David Graeber geprägte Diskussion über "Bullshit Jobs" hat in den letzten Jahren eine völlig neue Dimension erreicht. In seinem wegweisenden Werk beschrieb der 2020 verstorbene Anthropologe jene Tätigkeiten, die selbst von den Ausführenden als sinnlos oder gesellschaftlich wertlos empfunden werden. Aktuelle Studien bestätigen seine These auf erschreckende Weise: Etwa ein Fünftel aller Arbeitnehmer betrachtet die eigene Tätigkeit als bedeutungslos für die Gesellschaft. Diese ernüchternde Erkenntnis gewinnt in Zeiten rasanter technologischer Entwicklung besondere Brisanz.

Die künstliche Intelligenz und fortschreitende Automatisierung werden genau diese Art von Arbeitsplätzen als erste erfassen. Es handelt sich dabei um Tätigkeiten, die hauptsächlich aus repetitiven Aufgaben bestehen, die keine echte kreative oder emotionale Intelligenz erfordern. Besonders betroffen sind Bereiche wie das mittlere Management, wo ein Großteil der Arbeit aus Koordination, Überwachung und standardisierter Berichterstattung besteht. Diese Aufgaben können zunehmend von intelligenten Systemen übernommen werden, die nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch weniger fehleranfällig sind.

Ein weiterer Bereich, der massiv von dieser Entwicklung betroffen sein wird, ist der administrative Sektor. Tätigkeiten wie Dokumentenverarbeitung, Dateneingabe und -analyse, die bisher von Menschen ausgeführt wurden, können durch KI-gestützte Systeme nicht nur schneller, sondern auch präziser erledigt werden. Die Technologie hat bereits heute einen Punkt erreicht, an dem sie komplexe Muster erkennen, Anomalien aufspüren und sogar Entscheidungsvorschläge unterbreiten kann.

Auch im Dienstleistungssektor zeichnet sich eine massive Transformation ab. Standardisierte Kundenbetreuung, Qualitätskontrolle und routine-basierte Beratungstätigkeiten werden zunehmend durch intelligente Systeme ersetzt. Chatbots und KI-gestützte Assistenzsysteme erreichen mittlerweile eine Qualität, die in vielen Fällen die menschliche Interaktion überflüssig macht. Dies betrifft nicht nur einfache Auskunftsdienste, sondern auch komplexere Beratungsleistungen.

Die gesellschaftlichen Implikationen dieser Entwicklung sind weitreichend. Einerseits bedeutet die Automatisierung von "Bullshit Jobs" eine Befreiung von nicht erfüllender, als sinnlos empfundener Arbeit. Dies könnte zu einer gesteigerten gesamtgesellschaftlichen Zufriedenheit führen, da Menschen sich verstärkt Tätigkeiten widmen können, die sie als bedeutungsvoll empfinden. Andererseits stellt der Wegfall dieser Arbeitsplätze eine enorme sozioökonomische Herausforderung dar.

Besonders interessant ist die Beobachtung, dass viele dieser scheinbar überflüssigen Jobs in hochbezahlten Bereichen angesiedelt sind. Die Automatisierung wird daher nicht nur die unteren Einkommensschichten treffen, sondern quer durch alle gesellschaftlichen Schichten wirken. Dies könnte zu einer fundamentalen Neuordnung der Arbeitswelt führen, bei der traditionelle Karrierepfade und Berufsbilder grundlegend in Frage gestellt werden.

Die Transformation wird auch das Bildungssystem vor neue Herausforderungen stellen. Die Ausbildung muss sich verstärkt auf jene Fähigkeiten konzentrieren, die nicht oder nur schwer durch Maschinen ersetzt werden können: Kreativität, emotionale Intelligenz, komplexes Problemlösen und interdisziplinäres Denken. Dies erfordert eine grundlegende Neuausrichtung unserer Bildungseinrichtungen und Ausbildungsprogramme.

Gleichzeitig eröffnet diese Entwicklung auch neue Chancen. Die freiwerdenden menschlichen Ressourcen könnten in Bereichen eingesetzt werden, die bisher chronisch unterbesetzt sind: Pflege, Bildung, Umweltschutz oder soziale Arbeit. Dies würde eine Verschiebung von "sinnlosen" zu "sinnstiftenden" Tätigkeiten ermöglichen und könnte zu einer humaneren Gesellschaft beitragen.

Der Übergang wird jedoch nicht reibungslos verlaufen. Es bedarf massiver Umschulungsprogramme und einer grundlegenden Neuorientierung vieler Arbeitnehmer. Die psychologische Anpassung an diese neue Realität wird eine der größten Herausforderungen darstellen. Menschen definieren sich oft über ihre Arbeit, und der Verlust dieser Identität kann zu erheblichen persönlichen Krisen führen.

Die Automatisierung von Bullshit Jobs markiert den Beginn einer neuen Ära der Arbeit. Sie zwingt uns, grundlegende Fragen neu zu stellen: Was macht sinnvolle Arbeit aus? Wie definieren wir uns in einer Welt, in der traditionelle Erwerbsarbeit nicht mehr der Normalfall ist? Welche gesellschaftlichen Strukturen brauchen wir, um dieser Transformation gerecht zu werden? Die Antworten auf diese Fragen werden maßgeblich darüber entscheiden, ob wir die technologische Revolution als Chance für eine gerechtere und erfülltere Gesellschaft nutzen können.

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Leben nach der Erwerbsarbeit

Neue Modelle der Existenzsicherung in einer automatisierten Gesellschaft

Die fortschreitende Automatisierung und der damit einhergehende Wegfall traditioneller Arbeitsplätze stellt unsere Gesellschaft vor eine fundamentale Herausforderung: Wie können Menschen in Zukunft ihre Existenz sichern, wenn klassische Erwerbsarbeit nicht mehr für alle verfügbar ist? Diese Frage hat weltweit zu einer intensiven Diskussion über alternative Modelle der Existenzsicherung geführt, die weit über das häufig diskutierte bedingungslose Grundeinkommen (BGE) hinausgehen.

Das BGE

Das BGE, obwohl oft als radikale Lösung präsentiert, ist dabei nur einer von vielen Ansätzen. In seiner reinsten Form sieht es eine bedingungslose finanzielle Grundversorgung für alle Bürger vor, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation oder Arbeitsbereitschaft. Verschiedene Pilotprojekte, etwa in Finnland oder Kanada, haben bereits wichtige Erkenntnisse geliefert. Die Ergebnisse zeigen überraschende positive Effekte auf die mentale Gesundheit der Teilnehmer und ihre Bereitschaft, sich weiterzubilden oder unternehmerisch tätig zu werden. Allerdings bleiben Fragen zur langfristigen Finanzierbarkeit und den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen offen.

Partizipationseinkommen

Ein weiterer innovativer Ansatz ist das Konzept des Partizipationseinkommens, das von dem Ökonomen Anthony Atkinson entwickelt wurde. Im Gegensatz zum BGE knüpft es die finanzielle Unterstützung an gesellschaftlich wertvolle Tätigkeiten, die jedoch weit über klassische Erwerbsarbeit hinausgehen. Dies könnte ehrenamtliches Engagement, Pflegetätigkeiten, künstlerische Aktivitäten oder Weiterbildung umfassen. Dieser Ansatz versucht, die Vorteile des BGE mit dem gesellschaftlichen Bedürfnis nach Partizipation und Sinnstiftung zu verbinden.

Universal Basic Services (UBS)

Besonders interessant ist das Konzept der Universal Basic Services (UBS), das in Großbritannien entwickelt wurde. Statt Geldleistungen steht hier die kostenlose Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen im Mittelpunkt. Dies umfasst nicht nur Bildung und Gesundheitsversorgung, sondern auch Transport, Wohnen und digitale Dienste. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in seiner direkten Wirkung auf die Lebensqualität und der effizienten Nutzung gesellschaftlicher Ressourcen.

Eigentumsbasierte Modelle der Existenzsicherung

Ein weiterer vielversprechender Ansatz sind eigentumsbasierte Modelle der Existenzsicherung. Das bekannteste Beispiel ist der Alaska Permanent Fund, der allen Bürgern des US-Bundesstaates eine jährliche Dividende aus den Ölerträgen zahlt. Ähnliche Modelle ließen sich auf die Gewinne aus der Automatisierung übertragen. Technologiedividenden könnten sicherstellen, dass die Produktivitätsgewinne der Automatisierung der gesamten Gesellschaft zugutekommen.

Youth Dividend Programm

In Südkorea wird mit dem Youth Dividend Programme ein alternativer Weg beschritten. Junge Menschen erhalten eine Art Startkapital, das sie für Bildung, Unternehmensgründung oder andere zukunftsorientierte Investitionen nutzen können. Dieser Ansatz zielt darauf ab, Menschen in die Lage zu versetzen, sich aktiv an der sich wandelnden Wirtschaft zu beteiligen.

Skills Future Credit

Singapur verfolgt mit seinem Skills Future Credit eine ähnliche Strategie, fokussiert sich aber stärker auf lebenslanges Lernen. Jeder Bürger erhält ein persönliches Bildungskonto, das für Weiterbildung und Umschulung genutzt werden kann. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Anpassung an sich verändernde Arbeitsmarktanforderungen.

Radikalerer Ansatz in den Niederlanden

Ein radikalerer Ansatz wird in den Niederlanden erprobt, wo einzelne Gemeinden mit garantierter Beschäftigung experimentieren. Statt passiver Unterstützung wird hier aktiv Arbeit geschaffen, die gesellschaftlichen Mehrwert generiert. Dies könnte ein Modell für den Übergang in eine post-automatisierte Wirtschaft sein.

Drastische Arbeitszeitverkürzung

Zunehmend diskutiert wird auch die Idee einer drastischen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Dies würde die verbleibende Arbeit auf mehr Schultern verteilen und gleichzeitig mehr Zeit für andere Lebensbereiche schaffen. Die Produktivitätsgewinne durch Automatisierung könnten so direkt in mehr Lebensqualität umgewandelt werden.

Commons-basierten Peer-Produktion

Eine besonders innovative Perspektive bietet das Konzept der "Commons-basierten Peer-Produktion". Hier werden Güter und Dienstleistungen in selbstorganisierten Netzwerken produziert und geteilt, unterstützt durch digitale Plattformen. Wikipedia ist ein bekanntes Beispiel für diesen Ansatz, der sich potenziell auf viele andere Bereiche ausweiten ließe.

Fazit

Die Realität wird vermutlich eine Kombination verschiedener Ansätze erfordern, angepasst an lokale Bedingungen und kulturelle Präferenzen. Wichtig ist dabei, dass diese Systeme nicht nur die materielle Existenz sichern, sondern auch Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung und gesellschaftlichen Teilhabe bieten.

Die größte Herausforderung liegt in der Finanzierung und politischen Durchsetzbarkeit dieser neuen Modelle. Mögliche Finanzierungsquellen könnten die Geldransaktionssteuer(GTS), Robotersteuern, Digitalsteuern oder die Besteuerung von Grundbesitz sein. Besonders die Geldtransaktionssteuer(GTS) sticht da hervor als innovative, extrem einfache und grundlegende Reform des Steuersystems, die Arbeit und Konsum entlastet und bisher unbesteuerte Geldtransaktionen erstmals besteuert.

Der Übergang zu neuen Modellen der Existenzsicherung wird eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte sein. Er bietet aber auch die Chance, ein gerechteres und nachhaltigeres Wirtschaftssystem zu schaffen, das nicht mehr auf der Ausbeutung von Mensch und Natur basiert. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie wir diesen Übergang gestalten.

Die Geldtransaktionssteuer: Eine breite und faire Steuer
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Stell dir eine Welt vor, in der Steuern gerecht, einfach und für jeden verständlich sind. Eine Welt, in der jede finanzielle Transaktion – sei es der Kauf eines Kaffees oder eine Milliardeninvestition – gleichermaßen und fair besteuert wird. Klingt utopisch? Vielleicht nicht.
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