
Eine Artikel von unserem Gastautor Albert Sachs
Eine gar nicht mehr so geheime Sensation verbirgt sich in einer Chronikmeldung vom 21. Oktober des vergangenen Jahres. Ein 45-Jähriger war bei Gmunden mit seinem Tesla in den Traunsee gestürzt. Grund für den spektakulären Unfall: Angeblich hatte der Autopilot plötzlich ein Hindernis erkannt, eine Vollbremsung hingelegt und sofort wieder stark beschleunigt. Der Tscheche soll über die unvermutete Aktion seines Wagens so erschrocken sein, dass er das Lenkrad verriss und sein Auto abrupt in den See steuerte. So hält es zumindest der Polizeibericht zu dem Unfall fest.
Der Lenker hatte offensichtlich den Autopiloten aktiviert. Doch auf der schmalen Traunsteinstraße, die am Ostufer des Sees entlangführt, dürfte die technische Navigation mit den Verhältnissen etwas überfordert gewesen sein. Nichtsdestotrotz zeigt dieser Unfall, dass autonomes Fahren technisch bereits weitgehend möglich ist. Selbstständiges Autofahren, also ohne unmittelbares Eingreifen von Lenkerin oder Lenker, ist deutlich weiter verbreitet, als uns das bewusst sein dürfte. Und es schickt sich an, zu einem der großen Tech-Trends des Jahres 2025 zu werden.
Eigene Verordnung in Österreich seit 2017
Noch geben sich Gesetzgeber, Automobilklubs und auch die Autohersteller zu dem Thema weitgehend passiv. In Österreich wird die öffentliche Debatte zum autonomen Fahren noch weitgehend unter der Decke gehalten. Da heißt es beispielsweise etwas verklausuliert, dass auf Autobahnen „teilautomatisiertes Fahren“ unter gewissen Bedingungen bereits heute möglich ist. Doch eine gesetzliche Regelung dazu gibt es weder in Österreich noch in der EU. Auf der Website des österreichischen Bundeskanzleramtes wird noch fein zwischen „automatisiertem“ und „autonomem Fahren“ unterschieden.
Auch wenn es seit 2017 die AutomatFahrV (Automatisiertes-Fahren-Verordnung) gibt, die seit dieser Zeit mehrmals novelliert wurde, gilt diese vor allem als Rahmen für Praxistests und als „Grundlage für den Einsatz serienmäßig genehmigter Fahrassistenzsysteme“. Neben den Einparkhilfen bezieht sich die AutomatFahrV allerdings auch auf „Autobahnassistenten“, die eingesetzt werden dürfen, ohne dass „die Lenkerin/der Lenker weiterhin stets eine Hand am Lenkrad haben muss“. Autonomes Fahren ist weder in Österreich noch in irgendeinem Land der Welt wirklich erlaubt.
Es fällt auf, dass die Automobilhersteller ihre zahlreichen Fahrassistenzsysteme immer massiver anpreisen – auch, weil diese technisch immer leistungsfähiger und ausgereifter werden. In der international gültigen fünfstufigen Klassifizierung von automatisiertem und autonomem Fahren scheint sich Level 3 (hochautomatisiertes Fahren) als Standard etabliert zu haben, während über den Fortschritt zu Level 4 und 5 – sie stehen für tatsächlich autonomes Fahren – noch weitgehend diskret der Mantel des Schweigens gebreitet wird. Technisch ist es längst machbar.
Auch in den unteren Regionen dürfte im Laufe des Jahres 2025 Bewegung rund um das assistenzbasierte Fahren kommen. Rund um den Globus werden hochautomatisierte und autonome Autos intensiv getestet. In den USA und in der EU wird eifrig an entsprechenden Gesetzen gearbeitet, sofern diese nicht ohnedies bereits fertig in den Schubladen liegen. Beispielsweise ist in einzelnen Ländern aktuell bereits der Einsatz von führerlosen Bussen auf dafür bewilligten Strecken möglich, wenn diese zentral überwacht und im Notfall auch gesteuert werden können.
Nationale Strategie in Deutschland fixiert
Die deutsche Bundesregierung hat im Dezember 2024 eine nationale „Strategie für autonomes und vernetztes Fahren“ verabschiedet. Deutschland soll bei der Umsetzung der modernen, zumindest teilweisen Mobilität eine Führungsrolle übernehmen und laut dem Strategiepapier „Die Zukunft fährt autonom“ zumindest die Voraussetzungen für autonomes und vernetztes Fahren im Regelbetrieb schaffen. „Wir sind von dieser Technologie überzeugt“, formuliert der (noch) amtierende deutsche Verkehrs- und Digitalisierungsminister Volker Wissing (FDP).
Unter Projektnamen wie KIRA (KI-basierter Regelbetrieb autonomer On-Demand-Verkehre), NeMo.bil (neuartiges Mobilitätskonzept), MINGA (Münchens automatisierter Nahverkehr mit Ridepooling, Solobus und Bus-Platoons) und anderen arbeiten Kommunen, Forschungseinrichtungen sowie städtische und regionale Verkehrsbetriebe an eigenen fahrerlosen Verkehrssystemen, die sich vielfach bereits in der aktiven Testphase befinden und mitunter schon in den nächsten beiden Jahren in den Regelbetrieb übergehen sollen.
Ab März dieses Jahres erlaubt beispielsweise auch die Schweiz offiziell das automatisierte Fahren – natürlich mit Fahrer:in an Bord – auf Autobahnen.
Elon Musk baut fahrerlose Robotaxis
Im Herbst 2024 wiederum stellte Tesla-Chef Elon Musk in der Nähe von Los Angeles sein Cybercar vor – ein Robotaxi, das nicht nur ohne Lenkrad und Pedale auskommt, sondern auch ohne Fahrer. Schon im Juni dieses Jahres sollen die ersten vollständig autonomen Autos durch Austin (Texas) rollen, verspricht Musk. Im kommenden Jahr soll dann die Serienproduktion für die Cybercars anlaufen und das System in weitere US-Städte expandieren.
Stückweise wird das autonome Fahren in immer mehr Teilen der Welt legalisiert und populärer. Die technische Entwicklung in diesem Segment schreitet ohnedies unaufhaltsam voran. 2025 könnte uns daher das Fahren mit Autopilot als einen der großen Tech-Trends bescheren.
Möglicherweise eine Chance für Österreich. Denn immerhin basiert der Straßenverkehr bisher weltweit auf der sogenannten Wiener Konvention, die 1968 auf einer UN-Konferenz in Wien erarbeitet und beschlossen wurde. Darin ist auch festgehalten, dass ein Fahrer bzw. eine Fahrerin immer die volle Kontrolle über sein/ihr Fahrzeug haben muss. Die Zeit für eine Neuauflage dieser Wiener Konvention wäre längst angebrochen.