Eine Kolumne von Phil Roosen für The Digioneer

Draußen hält der Frost Wien weiter im Griff. Der Januar zeigt sich von seiner unnachgiebigsten Seite, mit Temperaturen, die sich hartnäckig um den Gefrierpunkt bewegen. Drinnen, im Café Prückel, spiegelt die Stimmung die frostige Atmosphäre wider - wenn auch aus anderen Gründen. Am Nebentisch wird hitzig über die laufenden Koalitionsverhandlungen diskutiert. Die Vorstellung einer blau-schwarzen Regierung lässt selbst den stoischsten Kaffeehausbesucher die Stirn runzeln. "Wie konnte es so weit kommen?", höre ich einen älteren Herrn seufzen, während er seine Melange umrührt.

In solchen Momenten ist man dankbar für jede Nachricht, die den Blick auf andere, hoffnungsvollere Entwicklungen lenkt. Während ich durch meinen digitalen Nachrichtenfeed scrolle, sticht eine Meldung hervor, die zunächst wie eine jener übereifrigen Pressemitteilungen klingt, die täglich durch unsere Feeds rauschen: Wissenschaftler der University of South California behandeln Prostatakrebs mit Wasserdampf. Als Mann in der zweiten Lebenshälfte - und als diagnostizierter Skeptiker - ist man natürlich geneigt, hier genauer hinzusehen. Schließlich gehört die Prostata zu jenen Organen, die früher oder später die ungeteilte Aufmerksamkeit der männlichen Hälfte der Bevölkerung auf sich ziehen.

Die Meldung erinnert mich an ein kleines Wundergerät in meiner Schreibtischschublade - kaum größer als ein Stift, verspricht es durch fokussierte Hitzeeinwirkung lästigen Insektenstichen den Garaus zu machen. Anfangs war ich skeptisch, doch die simple Physik dahinter funktioniert tatsächlich: Lokale Wärme zerstört die Proteine, die für den Juckreiz verantwortlich sind. Eine Bekannte - sie ist Biochemikerin und damit noch skeptischer als ich - schwört sogar auf die Anwendung bei Fieberblasen. "Viren sind im Grunde nur Proteinhüllen mit genetischem Material", erklärte sie mir kürzlich hier im Café. "Bei etwa 50 Grad denaturieren diese Proteine - wie ein Ei, das man kocht." Eine verblüffend simple Erklärung für die Wirksamkeit lokaler Hitzebehandlung. Mit neuem Interesse wende ich mich wieder dem Artikel zu.

Thermodynamik

Die Behandlung vereint modernste Bildgebung mit überraschend einfacher Physik: Zunächst wird der Tumor mittels Magnetresonanztomographie (MRT) präzise lokalisiert. Während der eigentlichen Prozedur nutzen die Ärzte Ultraschall und spezielle Prostata-Kartierung, um einen dünnen Katheter durch die Harnröhre genau zu dem Bereich zu führen, wo sich der Tumor befindet. Dann wird eine feine Nadel im Tumorgewebe platziert. Der entscheidende Moment ist ein gezielter, nur zehn Sekunden langer Dampfstoß - bei Bedarf können weitere folgen. Eine erstaunlich elegante Lösung, die die Komplexität modernster Medizintechnik mit der ursprünglichen Kraft der Thermodynamik verbindet.

Die jährliche Prostatakontrolle

Die aktuell laufende klinische Studie richtet sich speziell an Patienten mit Prostatakrebs mittleren Risikos, bei dem sich der Tumor noch auf die Prostata beschränkt und keine Metastasen gebildet hat. Dr. Abreu von der USC erklärt, dass dies etwa ein Drittel aller lokalisierten Prostatakrebsfälle betrifft. Eine Zahl, die hoffnungsvoller klingt, wenn man sie im Kontext der Früherkennung betrachtet: Denn die Chance, einen Tumor in diesem noch behandelbaren Stadium zu entdecken, steigt erheblich durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Hier zeigt sich Österreich von seiner fürsorglichen Seite – die jährliche Prostatakontrolle beim Hausarzt wird von den Krankenkassen übernommen. Eine Vorsorgeleistung, die Leben retten kann, aber von vielen Männern aus falsch verstandener Scham gemieden wird. Dabei könnte gerade diese kostenlose Untersuchung den Unterschied machen zwischen einer vergleichsweise harmlosen Dampftherapie und einer schwerwiegenden Operation.

Zwei praktische Vorteile dieser neuen Methode sind besonders bemerkenswert: Anders als bei einer Operation, die einen Krankenhausaufenthalt erfordert, kann diese Behandlung ambulant durchgeführt werden. Und im Gegensatz zur Strahlentherapie, die meist mehrere Sitzungen benötigt, ist die Dampftherapie für eine einmalige Anwendung konzipiert.

Die Ironie ist nicht zu übersehen: Während wir Milliarden in die Entwicklung hochkomplexer Behandlungsmethoden investieren, könnte ausgerechnet jene Substanz, die bereits die erste industrielle Revolution antrieb, nun auch in der personalisierten Medizin eine Renaissance erleben.

Vom Fenster des Café Prückel aus sehe ich die Menschen vorbeieilen, viele von ihnen vermutlich in Sorge um ihre Gesundheit, ihre Zukunft. Die laufende VAPOR 2 Studie, die in bis zu 30 US-Kliniken durchgeführt wird, könnte für viele von ihnen neue Hoffnung bedeuten. Francis Medical, das Unternehmen hinter dieser Innovation, plant die FDA-Zulassung bereits für Juli 2025.

"Die werden das Gesundheitssystem kaputtsparen", höre ich eine Dame mit grau meliertem Haar prophezeien.
Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft lebt

Der Dampf meiner Melange hat sich mittlerweile verzogen. Eine neue Tasse wird serviert, während am Nebentisch die Diskussion über die Koalitionsverhandlungen wieder aufflammt. "Die werden das Gesundheitssystem kaputtsparen", höre ich eine Dame mit grau meliertem Haar prophezeien. Ihre Befürchtungen sind nicht unbegründet – die Geschichte lehrt uns, dass präventive Gesundheitsleistungen oft als erste den Rotstift zu spüren bekommen. Dabei sind es gerade diese scheinbar "überflüssigen" Vorsorgeuntersuchungen, die nicht nur Leben retten, sondern langfristig auch Kosten sparen. Eine simple Rechnung: Eine kostenlose Vorsorgeuntersuchung gegen die Kosten einer langwierigen Krebsbehandlung.

Während ich über diese Parallelen nachdenke – hier im Wiener Kaffeehaus, wo seit Jahrhunderten Dampf und Geist sich vereinen, erreicht mich eine medizinische Innovation, die ebenfalls auf der transformativen Kraft des Dampfes basiert – wird mir klar: Manchmal sind es die alten, bewährten Prinzipien, die uns den Weg in die Zukunft weisen. Eine Erkenntnis, die hoffentlich auch in politisch aufgeheizten Zeiten nicht verdampft.

Phil Roosen ist Präsident des Vereins Pura Vida und beobachtet von seinem Stammplatz im Café Prückel aus die Entwicklungen unserer Zeit.


Quellen:

Francis Medical - Cancer Ablation by Water Vapor.
Francis Medical is a med-device company devoted to fighting prostate, kidney and bladder cancer using innovative, minimally invasive therapies.
Can you steam away prostate cancer?
B-roll video available for download below. LOS ANGELES — Steam eliminates wrinkles and germs, but can it destroy cancer cells too? Keck Medicine of USC is participating in a national, multisite clinical trial examining if a water vapor system that uses small, targeted amounts of steam to kill cancer cells is a safe and effective treatment for…

Anmerkung der Redaktion: Alle medizinischen Informationen in diesem Artikel basieren auf den aktuellsten verfügbaren Forschungsdaten (Stand: Januar 2025). Patienten sollten individuelle Behandlungsoptionen stets mit ihren behandelnden Ärzten besprechen.

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