Herzlich willkommen, liebe Hörer:innen und treue Abonnent:innen, zum "Podcast der Woche" im Digioneer Magazine! Jede Woche entführen wir euch in die Welt der Podcasts, um gemeinsam einzigartige und lehrreiche Hörerlebnisse zu erkunden.

Heute machen wir etwas Besonderes: Wir schauen zurück! Denn manchmal verdienen es Podcasts, nach einer Weile noch einmal unter die Lupe genommen zu werden – besonders wenn sich in der Zwischenzeit dramatische Entwicklungen ergeben haben. Genau das ist bei unserem heutigen Kandidaten der Fall.

Natürlich ist auch in dieser Woche Agathe mit von der Partie, unsere unverzichtbare Beobachterin der digitalen Medienlandschaft und passionierte Podcast-Entdeckerin. Mit ihrem untrüglichen Gespür für die Wendungen und Widersprüche der Podcast-Welt bringt sie uns heute eine Neubetrachtung mit, die zeigt: Manchmal entwickeln sich die Geschichten weiter, während wir noch zuhören.

Lasst uns gemeinsam mit Agathe diese faszinierende Reise der Wiederentdeckung antreten – denn in der schnelllebigen Welt der digitalen Medien kann sich alles schneller ändern, als wir "Download" sagen können! 🎧🔄✨

Ein nettes Muster für unsere Rubrik Podcast der Woche

PODCAST DER WOCHE: The Diary of a CEO - Ein Phönix im Shitstorm

Titel: The Diary of a CEO
Host: Steven Bartlett
Frequenz: Zweimal wöchentlich (Montag & Donnerstag)
Produzent: Flight Studio

Manchmal erleben wir ja den perfekten Zeitpunkt für eine Neubetrachtung – und bei Steven Bartletts "The Diary of a CEO" ist dieser Moment genau jetzt. Während ich vor zwei Jahren noch den charmanten Aufsteiger aus Manchester bejubelt habe, der mit seinem Podcast die Business-Welt eroberte, sitze ich heute vor einem Phänomen, das gleichzeitig faszinierender und problematischer geworden ist. Ein digitales Imperium, das eine Milliarde Views feiert und trotzdem – oder gerade deshalb – im Zentrum einer hitzigen Debatte steht. 🎧🔥📊

Der Aufstieg in Zahlen: Wenn Träume Realität werden

Beginnen wir mit den schwindelerregenden Fakten: Steven Bartlett hat mit "The Diary of a CEO" als erster britischer und schwarzer Podcast-Host die Eine-Milliarde-Marke bei Views und Downloads geknackt. Der Podcast ist laut Apple zum dritten Mal in Folge Großbritanniens Nummer 1 und zieht monatlich 50 Millionen Hörer an. Bartlett lehnte sogar ein 100-Millionen-Dollar-Angebot einer Streaming-Plattform ab – eine Summe, die selbst alte Podcasting-Hasen sprachlos macht.

Doch hinter diesen beeindruckenden Zahlen verbirgt sich eine Geschichte von strategischem Unternehmertum, das seinesgleichen sucht. 2024 gründete Bartlett Flight Studio, eine globale Podcast-Medien- und Technologie-Firma, die das Know-how seines eigenen Erfolgs anderen Stimmen zugänglich machen will. Studios in London, Manchester, New York, Boston und Los Angeles – das ist nicht mehr nur Podcasting, das ist Medien-Imperialismus im besten Sinne.

Das große Aber: Wenn Erfolg zum Problem wird

Doch wo Licht ist, da ist bekanntlich auch Schatten – und bei Bartlett sind die Schatten in den letzten zwei Jahren beträchtlich gewachsen. Eine BBC-Untersuchung aus Dezember 2024 fand heraus, dass in 15 gesundheitsbezogenen Episoden durchschnittlich 14 schädliche Gesundheitsbehauptungen pro Folge aufgestellt wurden, die im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen.

Die Vorwürfe sind nicht von der Hand zu weisen: Gäste behaupten, Krebs könne mit Keto-Diäten behandelt werden, PCOS und Autismus seien durch Ernährungsumstellungen "umkehrbar", und COVID-19 sei eine konstruierte Biowaffe. Bartlett, so die Kritik, hinterfrage diese Aussagen zu wenig und gebe problematischen Theorien eine Plattform.

Der kommerzielle Balanceakt: Zwischen Authentizität und Algorithmus

Besonders interessant – und problematisch – wird es, wenn wir den kommerziellen Aspekt betrachten. Bartlett musste sich bereits mehrfach vor der Advertising Standards Authority verantworten, weil er seine finanziellen Verflechtungen mit beworbenen Produkten nicht klar genug deklarierte. Wenn der Host gleichzeitig Investor ist und Gäste einlädt, die seine Investments indirekt bewerben, verschwimmen die Grenzen zwischen Journalismus und Marketing gefährlich.

Was bleibt vom Zaubertrank?

Die große Frage ist: Kann man einen Podcast lieben und gleichzeitig kritisch sehen? Bei "The Diary of a CEO" lautet meine Antwort: unbedingt sogar! Bartletts Interviewstil ist nach wie vor außergewöhnlich – er schafft es, dass sich Gäste öffnen und Geschichten erzählen, die man sonst nirgends hört. Das Simon-Cowell-Interview war 2024 sowohl die meistgehörte als auch die meistgeteilte Podcast-Episode Großbritanniens – nicht ohne Grund.

Das Problem liegt nicht in Bartletts Fähigkeiten als Interviewer, sondern in der schieren Größe seiner Plattform. Mit 50 Millionen monatlichen Hörern trägt er eine Verantwortung, die über pure Unterhaltung hinausgeht. Wenn jemand behauptet, Krebs sei durch Diäten heilbar, und 2 Millionen Menschen hören zu, ohne dass kritische Nachfragen kommen, wird aus einem Podcast eine potenzielle Gesundheitsgefahr.

Flight Studio: Die nächste Evolution

Interessant ist Bartletts Reaktion auf die Kritik: Statt defensiv zu werden, expandiert er. Flight Studio arbeitet bereits mit prominenten Namen wie Davina McCall zusammen und plant, podcast-basierte Marken global zu skalieren. Es ist eine bemerkenswerte Strategie – kritisiert werden für mangelnde redaktionelle Sorgfalt und als Antwort das Medienimperium vergrößern.

Kritik

Die größte Schwäche des Podcasts liegt paradoxerweise in seinem größten Erfolg: der Reichweite. Je größer die Plattform, desto größer die Verantwortung – und hier hinkt Bartlett seiner eigenen Entwicklung hinterher. Die mangelnde kritische Einordnung problematischer Aussagen und die nicht immer transparente Darstellung kommerzieller Interessen trüben das ursprünglich so authentische Format.

Hinzu kommt eine gewisse Formatermüdung: Was einst frisch und unkonventionell war, folgt mittlerweile erkennbaren Mustern. Der rebellische Gründer-Spirit ist einem professionellen, aber vorhersagbaren Unterhaltungsformat gewichen.

Agathe meint und bewertet

Agathe ist Italienerin und liebt das Essen
Ich habe zu allem eine Meinung. Was meinst du?

"The Diary of a CEO" ist das perfekte Beispiel für den Fluch des Erfolgs in der digitalen Ära. Bartlett hat etwas Außergewöhnliches geschaffen – einen Podcast, der Menschen erreicht und bewegt. Gleichzeitig zeigt sein Beispiel, wie schwierig es ist, mit wachsender Reichweite auch die Verantwortung wachsen zu lassen.

Die BBC-Kritik ist berechtigt, aber sie verkennt auch die Realität moderner Medienlandschaften. Bartlett ist kein Journalist im klassischen Sinne, sondern ein Unternehmer, der Geschichten sammelt. Das Problem: Seine Plattform ist mittlerweile so groß, dass diese Unterscheidung irrelevant wird.

Trotz aller Kritik bleibt "The Diary of a CEO" ein faszinierendes Phänomen. Es zeigt, wie ein einzelner Mensch mit Neugier, Hartnäckigkeit und strategischem Geschick eine globale Medienmarke aufbauen kann. Die Frage ist nur: Was macht er mit dieser Macht?

Meine Bewertung: 3.5 ⭐️

Wer die großen Geschichten und emotionalen Momente liebt, die Bartlett aus seinen Gästen herauskitzelt, wird den Podcast weiterhin schätzen. Wer jedoch kritische Einordnung und journalistische Sorgfalt erwartet, sollte zusätzliche Quellen heranziehen. "The Diary of a CEO" ist großartiges Entertainment mit einem problematischen blinden Fleck – und das macht es menschlicher, aber nicht unbedingt vertrauensvoller.

Das Leben ist zu kurz für unkritischen Medienkonsum. Aber es ist auch zu kurz, um sich großartige Geschichten entgehen zu lassen. Die Kunst liegt darin, beides zu unterscheiden.

Eure Agathe 💕

P.S.: Den Podcast findet ihr auf allen gängigen Plattformen. Aber vielleicht hört ihr diesmal mit etwas mehr kritischer Distanz zu – gerade bei den gesundheitsbezogenen Episoden.

The Diary of a CEO: Eine Reise in die Tiefe des Unternehmertums
Steven Bartlett nimmt uns mit auf eine ungeschminkte Reise durch die Welt des Unternehmertums. Er zeigt auf, dass Erfolg nicht nur in Geschäftszahlen gemessen wird, sondern auch in der Fähigkeit, ein ausgewogenes und erfülltes Leben zu führen.

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