Die neu entwickelten Roboter messen lediglich 200 × 300 × 50 Mikrometer und sind damit kleiner als ein Salzkorn. Trotz ihrer extremen Miniaturisierung sind sie vollständig autonom. Sie können Temperaturen erfassen, einfache Rechenoperationen ausführen und sich selbstständig in Flüssigkeiten fortbewegen. Nach Angaben der beteiligten Forschenden können die Roboter über Monate hinweg betrieben werden, während die Herstellungskosten pro Stück im Cent-Bereich liegen.

Nach Einschätzung der beteiligten Teams lösen die Entwicklungen ein zentrales Problem der Robotik, das seit mehreren Jahrzehnten als technologische Grenze galt. „Wir haben autonome Roboter 10.000-mal kleiner gemacht“, sagte Marc Miskin, außerordentlicher Professor für Elektrotechnik und Systemtechnik an der University of Pennsylvania und leitender Autor der Studien. „Das eröffnet eine völlig neue Größenordnung für programmierbare Roboter.“

Anstelle klassischer Motoren nutzen die Geräte elektrokinetische Antriebe. Dabei erzeugen sie elektrische Felder, die geladene Ionen in der umgebenden Flüssigkeit bewegen. Diese Ionen übertragen ihre Bewegung auf Wassermoleküle und erzeugen so Vortrieb – ganz ohne bewegliche mechanische Teile. „Es ist, als befände sich der Roboter in einem Fluss“, erklärte Miskin. „Nur dass der Roboter den Fluss selbst erzeugt.“

Die notwendige Rechenleistung liefern extrem stromsparende Bordcomputer, die im Labor von David Blaauw an der University of Michigan entwickelt wurden. Sie arbeiten mit einem Energieverbrauch von nur 75 Nanowatt. Das entspricht laut den Forschenden etwa einem Hunderttausendstel der Leistung einer handelsüblichen Smartwatch. Blaauws Team hält nach eigenen Angaben den Rekord für den kleinsten funktionsfähigen Computer der Welt. „Wir sahen, dass das Antriebssystem der Penn Engineering und unsere winzigen elektronischen Computer wie füreinander geschaffen waren“, sagte Blaauw.

Um Steuerung und Navigation in dem begrenzten Raum zu ermöglichen, mussten die Forschenden auch die Software grundlegend neu denken. Herkömmliche Programmstrukturen ließen sich nicht einfach verkleinern. „Wir mussten die Programmanweisungen vollständig neu entwerfen“, sagte Blaauw. „Funktionen, die sonst viele einzelne Befehle erfordern, wurden in eine einzige spezialisierte Anweisung komprimiert.“

Die Roboter sind mit Temperatursensoren ausgestattet, die Messungen mit einer Genauigkeit von rund 0,3 Grad Celsius ermöglichen. Die Übertragung der Messdaten erfolgt nicht über Funk, sondern über charakteristische Bewegungsmuster, die von den Forschenden mit der Kommunikation von Honigbienen verglichen werden. Jeder Roboter besitzt zudem eine eindeutige Adresse und kann individuell programmiert werden. Die Energieversorgung erfolgt über Lichtimpulse, die mehrere Geräte gleichzeitig mit Strom versorgen.

In Labortests erreichten die Roboter Geschwindigkeiten von bis zu einer Körperlänge pro Sekunde. Sie konnten sich koordiniert in Gruppen bewegen und überstanden wiederholte Transfers mit Mikropipetten. Nach Angaben der Forschenden funktionierten die Systeme auch nach monatelangem Betrieb weiterhin zuverlässig.

Mögliche Anwendungen sehen die beteiligten Teams unter anderem in der Beobachtung einzelner Zellen, in der medizinischen Diagnostik sowie beim Bau mikroskopisch kleiner Maschinen. Konkrete Einsatzszenarien außerhalb des Labors seien jedoch noch Gegenstand weiterer Forschung. „Das ist wirklich nur das erste Kapitel“, sagte Miskin. „Wir haben gezeigt, dass man ein Gehirn, einen Sensor und einen Motor in etwas einbauen kann, das fast zu klein ist, um es zu sehen – und dass es über Monate hinweg funktioniert.“

Die Arbeiten wurden am 15. Dezember in den Fachzeitschriften Science Robotics und den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. Finanziert wurde das Projekt unter anderem durch die National Science Foundation, das Air Force Office of Scientific Research, das Army Research Office sowie die Packard- und die Sloan-Foundation.

Quellen:

Die Angaben basieren auf den am 15. Dezember veröffentlichten Studien in Science Robotics und den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Zitate stammen von Marc Miskin (University of Pennsylvania) und David Blaauw (University of Michigan). Technische Daten zu Größe, Energieverbrauch und Funktionsweise wurden mit den Veröffentlichungen und den begleitenden Angaben der beteiligten Universitäten abgeglichen.

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