Von Sara Barr

Wenn Landwirtschaft auf moderne Technologie trifft, entsteht eine bemerkenswerte Symbiose - zumindest auf den ersten Blick. Die Pennsylvania State University hat kürzlich ein Computer-Vision-System vorgestellt, das verspricht, den hydroponischen Anbau von Nutzpflanzen zu revolutionieren. Das System, integriert in das Internet der Dinge (IoT), überwacht das Wachstum von Pflanzen in Echtzeit und schlägt Alarm, wenn der Wachstumsprozess ins Stocken gerät.

Zwischen Innovation und Realität

Die Idee klingt zunächst faszinierend: Hochauflösende Kameras beobachten jede Wachstumsphase von Nutzpflanzen, während intelligente Algorithmen die gesammelten Daten interpretieren. "Die automatische Überwachung von Pflanzen und die darauf basierende Einstellung der äußeren Bedingungen wie Temperatur, Lichteinfall, Luftfeuchtigkeit und Nähstoffangebot in Kombination mit IoT- und KI-Techniken wird die Art, wie wir Nutzpflanzen anbauen, revolutionieren", verkündet Francesco Di Gioia, einer der beteiligten Forscher.

Forschungsleiter Long He betont den Effizienzgewinn: "Traditionell ist die Überwachung von Nutzpflanzen in hydroponischen Systemen eine kritische, zeitaufwendige Aufgabe, die spezialisiertes Personal erfordert. Zudem ist mit diesen Methoden eine kontinuierliche Erfassung der Dynamik des Pflanzenwachstums nicht möglich. Mit unserer Technik schon."

Doch was hier als technologischer Durchbruch gefeiert wird, verdient eine differenziertere Betrachtung.

Die verborgenen Kosten der Hightech-Landwirtschaft

Hydroponische Systeme ermöglichen den Anbau von Pflanzen ohne Erde, stattdessen wachsen die Wurzeln in nährstoffreichem Wasser. Das macht den Anbau von Nutzpflanzen theoretisch überall möglich - sogar in Hochhäusern mitten in urbanen Zentren. Die Kontrolle über Umweltfaktoren wie Temperatur, Licht und Nährstoffe wird durch das IoT-System perfektioniert.

Was in der Begeisterung für diese technologische Innovation oft untergeht: Der Energieverbrauch solcher Anlagen ist beträchtlich. Die permanente Beleuchtung, Klimatisierung und der Betrieb zahlreicher Sensoren und Kameras verbrauchen erhebliche Ressourcen. Die Frage nach der ökologischen Gesamtbilanz wird selten gestellt - oder gar beantwortet.

Zwischen Ernährungssicherheit und technologischer Abhängigkeit

Die Forscher der Pennsylvania State University sehen in ihrer Technologie einen wichtigen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit. Die Minimierung von Ineffizienzen und die Optimierung der Wachstumsbedingungen könnten tatsächlich höhere Erträge und stabilere Produktionsbedingungen schaffen.

Das System ermöglicht zudem die Anpassung des Nährwertprofils an menschliche Bedürfnisse - ein faszinierender, aber auch ethisch nicht unproblematischer Gedanke. Wer bestimmt, welche Nährwerte priorisiert werden? Welche Konsequenzen hat die zunehmende Technisierung für kleine landwirtschaftliche Betriebe ohne Zugang zu solchen Hightech-Lösungen?

Die Frage nach der Resilienz

Ein weiterer Aspekt, der kritische Aufmerksamkeit verdient: Mit zunehmender technologischer Komplexität steigt auch die Anfälligkeit des Systems. Was passiert bei einem längeren Stromausfall? Wie resilient ist eine Landwirtschaft, die vollständig von funktionierender Technologie abhängt?

Die Forscher heben hervor, dass durch die hermetische Abriegelung der Gewächshäuser von der Außenwelt der Befall durch Pilze oder Insekten ausgeschlossen sei, was den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel ermögliche. Ein wichtiger Vorteil, der jedoch mit der erwähnten technologischen Abhängigkeit erkauft wird.

Der Weg nach vorne: Balance finden

Die Integration von IoT und Computer-Vision in die Landwirtschaft birgt unbestreitbar großes Potential. Die Fähigkeit, Wachstumsstörungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern, könnte Ernteausfälle verhindern und zur Ernährungssicherheit beitragen.

Entscheidend wird sein, eine Balance zu finden zwischen technologischer Innovation und ökologischer Nachhaltigkeit, zwischen Produktivitätssteigerung und Resilienz, zwischen globalen Hightech-Lösungen und lokaler Anpassungsfähigkeit.

Die Technologie der Pennsylvania State University ist ein bemerkenswerter Schritt auf diesem Weg - aber wir sollten nicht vergessen, dass sie Teil eines größeren Ganzen ist, das wir mit kritischem Blick betrachten müssen.

New computer vision system can guide specialty crops monitoring | Penn State University
Soilless growing systems inside greenhouses, known as controlled environment agriculture, promise to advance the year-round production of high-quality specialty crops, according to an interdisciplinary research team at Penn State. But to be competitive and sustainable, this advanced farming method will require the development and implementation of precision agriculture techniques. To meet that demand, the team developed an automated crop-monitoring system capable of providing continuous and frequent data about plant growth and needs, allowing for informed crop management.

Sara Barr ist Technologie-Emergentin mit Fokus auf digitale Transformation und deren gesellschaftliche Implikationen. Sie schreibt regelmäßig für The Digioneer über die Schnittstelle von Technologie und Gesellschaft.

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