
Von Sara Barr für The Digioneer
Willkommen in der wundersamen Welt der "De-Extinktion", wo die Grenzen zwischen wissenschaftlichem Fortschritt, Marketing-Genie und schlichter Absurdität verschwimmen wie die Erinnerung an einen Mammut-Klon nach drei Gläsern Veltliner.
Mammuts mit Mausklick wiederbeleben
Die letzten Wollhaarmammuts verschwanden vor etwa 4.000 Jahren von unserem Planeten, doch in den Köpfen einiger Wissenschaftler – und vor allem in den Geschäftsplänen gewisser Biotech-Startups – leben sie in voller, haariger Pracht weiter. Das neueste Kapitel in diesem prähistorischen Wiederbelebungsdrama: Die "Woolly Mam-Maus".
Forscher des Unternehmens Colossal Biosciences, das sich selbst als "De-Extinktions-Unternehmen" bezeichnet (man könnte auch "Jurassic-Park-für-Arme-Firma" sagen), haben laut einer neuen Vorab-Studie eine Maus mit "übertriebenen Haar-Phänotypen einschließlich lockiger, strukturierter Felle und goldbraunem Haar" erschaffen. Das ist kein Witz – das ist die wissenschaftliche Beschreibung für eine Maus mit einer Frisur, die selbst in den 80er Jahren als übertrieben gegolten hätte.
CRISPR trifft auf Mausefriseur
Es sei betont: Diese Mäuse tragen keinerlei tatsächliche Mammut-DNA in sich. Stattdessen haben die Forscher mithilfe von CRISPR Genmutationen aktiviert, die jenen ähneln, die bei Mammuts und anderen Säugetieren gefunden wurden. Im Grunde sind es also Mäuse mit einer genetisch erzwungenen Bad-Hair-Day-Dauerwelle.
"Diese Studie etabliert eine schnelle Plattform zum Testen Mammut-zentrierter genetischer Varianten", erklären die Forscher mit der nüchternen Begeisterung von Menschen, die vermutlich noch nie einen Wissenschaftsberater für einen Hollywoodfilm getroffen haben. Man fragt sich unweigerlich, ob das Team auch eine Abteilung für mausegrößen Miniatur-Mammutschals plant, sollte der Winter kommen.
Wenn Wissenschaft auf Kommerz trifft
Die Studie wurde auf bioRxiv veröffentlicht, einer Plattform für biologische Vorabveröffentlichungen, die druckfrisch sind und den Peer-Review-Prozess noch nicht durchlaufen haben – ein Detail, das in den enthusiastischen Pressemitteilungen gerne übersehen wird.


Bemerkenswert ist auch der Interessenkonflikt, den das Team transparent offenlegt: "Die Autoren haben auf Grundlage der Ergebnisse dieser Arbeit einen Patentantrag gestellt. Alle Autoren sind derzeitige oder ehemalige Mitarbeiter oder wissenschaftliche Berater/Beraterinnen für Colossal Biosciences und/oder Form Bio und können Aktien und/oder Aktienoptionen dieser Unternehmen besitzen."
Mit anderen Worten: Diese Studie wurde weder traditionell überprüft, noch sind die Autoren frei von finanziellen Interessen an den Ergebnissen – Faktoren, die bei der Bewertung ihrer Schlussfolgerungen nicht unerheblich sind. Einige Wissenschaftler haben bereits die Behauptung des Teams in Frage gestellt, dass die Mäuse einen bedeutsamen Schritt in Richtung eines wiederbelebten Mammuts darstellen.
Jurassic Park als Geschäftsplan
Jurassic Park mag hier nicht nur wegen seiner buchstäblichen Prämisse der Wiederauferstehung ausgestorbener Tiere ein guter Leitfaden sein, sondern auch wegen seiner ausgezeichneten Darstellung, wie Kommerzialisierung unsere Vorstellung von wissenschaftlichen Durchbrüchen prägt.
Wir sollten uns daran erinnern, was John Hammond (der britische Dino-Tycoon aus dem Film) während eines Essens seine Gäste fragte: "Wie können wir im Licht der Entdeckung stehen und nicht handeln?" Kurz danach wurden einige der Charaktere selbst zu Mahlzeiten für hungrige Dinosaurier – eine narrative Wendung, die Colossal Biosciences vermutlich aus ihrem Unternehmensplan gestrichen hat.
Haarsträubende Zukunftsaussichten
Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses offenkundige kommerzielle Interesse an der De-Extinktion in den kommenden Jahren manifestieren wird und – entscheidend – welche populären Narrative daraus entstehen.
Sind Proxy-Tiere möglich? Falls ja, für wen sind sie gedacht? Können Simulakra toter Lebewesen dabei helfen, lebende zu retten? Oder ist alles nur ein PR-Stunt? (Stunts können schließlich sehr profitabel sein, wie jeder Influencer mit einem "Ich teste 10 Tage lang die Mammut-Diät"-Video bestätigen würde.)
Die aktuelle Studie demonstriert jedenfalls den Eifer, zu beweisen, dass die Reise zur De-Extinktion konkrete Fortschritte macht, auch wenn niemand weiß, wohin dieser Weg führt oder welche Frankensteinschen Kreaturen uns auf dem Weg dorthin noch begegnen werden.
Bis dahin können wir uns immerhin an den vielen luxuriösen Mäusefrisuren erfreuen, die in der Studie beschrieben werden, wie "welliges Fell" und "lockige Vibrissen". Sollte aus dem Mammut-Revival nichts werden, haben die Forscher möglicherweise unbeabsichtigt die nächste große Innovation im Bereich Nagetier-Hairstyling geschaffen.
Sara Barr ist Technologie-Journalistin mit Fokus auf digitale Transformation und deren gesellschaftliche Implikationen. Sie schreibt regelmäßig für The Digioneer über die Schnittstelle von Technologie, Gesellschaft und den gelegentlichen genetischen Haar-Fehlgriff.
Quelle: https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2025.03.03.641227v1