Hey Europa, die Uhr tickt. Lauter als je zuvor. Wir haben noch ganze zwei Monate, bis Donald "Tariffs are beautiful" Trump wieder im Oval Office sitzt. Zwei Monate! Und was macht Brüssel? Geht in die Winterpause.
Die Ansage aus Mar-a-Lago ist glasklar: Zölle von bis zu 20 Prozent auf quasi alles, was in die USA kommt. Keine vagen Drohungen mehr wie beim ersten Mal, sondern ein fertiger Plan. Seine Berater bezeichnen Zölle bereits als seine "Kernüberzeugung" – und seien wir ehrlich: Trump hat in seiner ersten Amtszeit bewiesen, dass er bei Zöllen nicht blufft.
Was in den nächsten acht Wochen passieren müsste:
- Notfallpläne für europäische Lieferketten aktivieren
- Schnelle Abstimmung der EU-Industriestrategie
- Sofortige Stärkung der innereuropäischen Tech-Zusammenarbeit
- Vorbereitung von Gegenmaßnahmen
Die bittere Realität? Die EU-Maschinerie läuft weiter im Normalmodus. Als ob Januar 2025 in einem anderen Jahrhundert läge.
Die Zahlen aus Trumps erster Amtszeit sprechen Bände: Seine Zölle auf Stahl und Aluminium haben die europäische Industrie bereits Milliarden gekostet. Seine neue Drohung von 60% Zöllen gegen China und 20% gegen alle anderen würde unsere exportorientierte Wirtschaft frontal treffen. Das Perfide daran: Dieses Mal können wir uns nicht damit rausreden, überrascht worden zu sein.
Immerhin: Die Tech-Branche hat verstanden, was die Stunde geschlagen hat. Während in Brüssel noch Memos geschrieben werden, bauen europäische Tech-Unternehmen bereits aktiv an Alternativen zu US-Abhängigkeiten. Von Helsinki bis Lissabon entstehen eilig neue Kooperationen. Das ist der Überlebensinstinkt, den wir jetzt überall bräuchten.
Der deutschen Wirtschaft dämmert langsam, was auf dem Spiel steht. Aber vereinzelte Krisenpläne deutscher Konzerne sind bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Was wir brauchen, ist eine koordinierte europäische Antwort. Nicht nächstes Jahr. Nicht nächsten Monat. Jetzt.
Trumps Team sitzt bereits an Strategien, wie sie Zölle über den Notstandsparagraphen durchsetzen können – ohne lästige Kontrollen durch den Kongress. Während wir noch diskutieren, bereiten sie die juristische Umsetzung vor. Bei der Gelegenheit werden wir dann auch wissen, ob die 20% ontop gemeint sind.
Das Ironischste an der ganzen Situation? Jahrelang haben uns die Tech-Giganten aus dem Valley erzählt, wie wir dank Digitalisierung in einem grenzenlosen, globalen Dorf leben. Wie Cloud Computing und KI alle Barrieren niederreißen werden. Wie antiquiert doch Nationalstaaten im digitalen Zeitalter seien. Tja. Ein paar Zölle von Trump, und plötzlich zerfällt das "globale Dorf" in seine analogen Einzelteile.
Während Tech-CEOs noch von der "Cloud" schwärmen, werden ihre Server schon in verschiedene Handelszonen aufgeteilt. Die gleichen Unternehmen, die uns sagten, Grenzen seien sowas von 20. Jahrhundert, bauen jetzt hektisch getrennte Infrastrukturen für verschiedene Märkte. Das digitale Zeitalter trifft auf die harte Realität der Geopolitik – und verliert haushoch.
Wir haben genau zwei Monate, um aus 27 Einzelstrategien eine europäische zu schmieden. Zwei Monate, um zu beweisen, dass wir aus der ersten Trump-Ära gelernt haben. Zwei Monate, bevor der Vorhang für Akt zwei aufgeht.
Tick, tack, Brüssel. Der Januar kommt schneller, als dir lieb ist.
Ja, auch in Europa gibt es Stimmen, die Trump insgeheim zustimmen. Die von "strategischer Autonomie" flüstern und davon träumen, wie wir unsere Industrien hinter Zollmauern verstecken könnten. Die argumentieren, dass wir die Abhängigkeit von globalen Lieferketten reduzieren müssen – Corona lässt grüßen. Die von den guten alten Zeiten der europäischen Schwerindustrie schwärmen. Aber mal ehrlich: Unsere Stärke liegt woanders. Während die USA sich einmauern wollen, haben wir in Europa längst begriffen, dass Innovation heute in Netzwerken passiert. Unsere Quantenlabs arbeiten mit Partnern von Tokyo bis Tel Aviv. Unsere KI-Startups verknüpfen Talent aus Barcelona, Helsinki und Berlin. Selbst unsere traditionelle Industrie ist längst global vernetzt – frag mal einen deutschen Mittelständler, wie "national" seine Zulieferkette wirklich ist.
Trumps Zollphantasie könnte für Europa deshalb zur größten Chance seit dem Marshallplan werden. Nicht weil Zölle plötzlich eine gute Idee wären, sondern weil sie uns zwingen, endlich das zu tun, was wir schon lange tun sollten: Eine echte europäische Innovationsstrategie entwickeln. Gemeinsam mit Partnern in Asien und Afrika neue Handelswege erschließen. Und vor allem: Aufhören so zu tun, als wäre wirtschaftlicher Nationalismus die Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
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