Wer braucht schon echte Reformen, wenn man auch pseudo-innovative Sicherheitsmaßnahmen implementieren kann? Ab Oktober 2025 müssen Banken bei SEPA-Überweisungen prüfen, ob Name und IBAN zusammenpassen. Das klingt erstmal nach Fortschritt – ist aber nur eine weitere Nebelkerze, die vom eigentlichen Problem ablenkt: Wie Banken uns seit Jahrzehnten mit Gebühren ausnehmen, während sie mit unserem Geld Milliarden verdienen.

Die Realität hinter der “Sicherheits-Innovation”

Ab dem 9. Oktober 2025 wird innerhalb des Euroraums eine neue Regelung verpflichtend: Banken und Zahlungsdienstleister müssen künftig den Namen des Empfängers mit der angegebenen IBAN abgleichen, bevor eine Überweisung ausgeführt wird. Ziel ist es, Betrug und Fehlüberweisungen zu reduzieren.

Klingt gut, oder? Aber das funktioniert nur dann reibungslos, wenn der Rechnungssteller seinen Namen explizit und korrekt auf der Rechnung angibt. Die meisten Probleme entstehen nicht durch böswilligen Betrug, sondern durch:

  • Ungenaue Firmenbezeichnungen auf Rechnungen
  • Unterschiedliche Schreibweisen zwischen Rechnung und Kontoeintrag
  • Unternehmen, die unter anderem Namen geführt werden als offiziell bei der Bank registriert

Das heißt: Nicht immer muss es sich um Betrug handeln, wenn die Bank bei einer Empfängerüberprüfung dem Kunden zurückmeldet, dass mit den Daten etwas nicht stimmt. Etwa dann, wenn auf der Überweisung der Name steht, den der Zahlende vom Ladenschild kennt, die Bank das Konto aber unter dem Namen des Firmeninhabers führt.

Die wahre Revolution: Kostenlose staatliche Bankkonten

Während wir uns mit technischen Kleinigkeiten beschäftigen, übersehen wir ein viel radikaleres Problem: Warum gibt es eigentlich noch keine staatlich betriebenen, komplett kostenlosen Konten für alle Bürgerinnen?

Das wäre eine echte Innovation:

  • Keine Kontoführungsgebühren
  • Keine Überweisungskosten
  • Keine Kreditkartengebühren
  • Staatlich garantierte Sicherheit

Die Technologie ist vorhanden. Die Infrastruktur existiert. Was fehlt, ist der politische Wille – aus einem einfachen Grund: Banken würden dadurch ihre lukrativste Einnahmequelle verlieren.

Die Banking-Illusion entlarvt

Es ist nur Giralgeld! Banken erschaffen Geld praktisch aus dem Nichts und verlangen dann Gebühren dafür, dass sie unser eigenes Geld verwalten. Das ist, als würde dir jemand deine eigene Brieftasche klauen und dann Miete dafür verlangen, dass du sie wieder zurückbekommst.

Die Realität der “kostenlosen” Konten zeigt das Problem deutlich: Die meisten Banken verlangen ab einem bestimmten Alter oder bei Unterschreitung von Mindesteingängen plötzlich Kontoführungsgebühren. Was als “gratis” beworben wird, entpuppt sich schnell als Lockangebot mit versteckten Kosten.

Das sind keine “kostenlosen” Konten – das sind Abo-Modelle mit Hürden.

Der makroökonomische Wahnsinn

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das Banking-System, wie wir es kennen, komplett absurd:

  1. Banken schaffen Geld durch Kreditvergabe
  2. Kassieren Zinsen auf dieses selbst geschaffene Geld
  3. Verlangen Gebühren für die Verwaltung
  4. Zahlen minimale Zinsen auf Einlagen
  5. Schütten Milliardengewinne an Aktionäre aus

Eine staatliche Bank könnte Zinserträge aus Krediten direkt an die Bürger weiterleiten oder in öffentliche Projekte investieren. Stattdessen kassieren private Banken diese Zinsen und geben uns dafür läppische 0,01% auf unsere Einlagen – wenn überhaupt.

Die Zinsmarge ist der wahre Skandal: Banken verleihen unser Geld für 4-8% und zahlen uns praktisch nichts. Bei einer staatlichen Bank könnten diese Zinserträge:

  • In den Staatshaushalt fließen
  • Die Steuerlast reduzieren
  • Infrastruktur finanzieren
  • Als Bürgerdividende ausgeschüttet werden

Die historische Kapitulation vor den Finanz-Feudalherren

Wie konnte es so weit kommen, dass eine Handvoll Privatfirmen das globale Geldsystem kontrolliert? Die Geschichte ist eine einzige Aneinanderreihung politischer Kapitulationen vor den Interessen der Finanzeliten.

Ursprünglich entstanden Banken im 13. Jahrhundert als private Handelshäuser in Florenz – Familien wie die Medici erkannten früh, dass die Kontrolle über Geld mehr Macht verleiht als jede Armee. Was als lokales Geschäft begann, wurde systematisch zu einem globalen Monopol ausgebaut. Die erste große Weichenstellung erfolgte 1844 mit der Peel’schen Bankakte in England, die das Währungsmonopol auf die Bank of England übertrug. Deutschland folgte 1875 mit dem Bankgesetz, das private Notenbanken zugunsten der staatlichen Reichsbank eliminierte.

Doch hier kommt der entscheidende Punkt: Während die Notenausgabe staatlich wurde, blieb das Kreditgeschäft – also die eigentliche Geldschöpfung – in privater Hand! Der Staat übernahm nur die Kontrolle über das physische Geld, während die Banken das digitale Giralgeld weiterhin nach Belieben erschaffen durften.

Diese Asymmetrie wurde in der Nachkriegszeit durch massive Deregulierung noch verschärft. Die neoliberale Welle der 1980er und 90er Jahre privatisierte systematisch öffentliche Banken und eliminierte staatliche Konkurrenz. Was blieb, war ein oligopolistisches System, in dem eine Handvoll Megakonzerne das globale Finanzsystem kontrolliert.

Die wahren Strippenzieher

BlackRock, Vanguard, State Street und Fidelity – vier Finanzgiganten, die zusammen über 15 Billionen Dollar verwalten und in fast allen relevanten Unternehmen Großaktionäre sind. Sie kontrollieren gleichzeitig Konkurrenten in derselben Branche – ein geschlossener Kreis der Macht.

Das Perfide dabei: Diese Vermögensverwalter sind untereinander verflochten. Vanguard ist größter Anteilseigner von BlackRock, während BlackRock wiederum Anteile an State Street hält. Es ist ein geschlossener Kreis der Macht, in dem dieselben Akteure sowohl Deutsche Bank als auch Commerzbank kontrollieren, sowohl Apple als auch Microsoft, sowohl Pfizer als auch Johnson & Johnson.

BlackRock allein ist bei 88% der 500 größten US-Konzerne der größte Aktionär und hält bei deutschen DAX-Unternehmen regelmäßig die entscheidenden Anteile. Bei 32 der 40 DAX-Konzerne ist BlackRock beteiligt, bei der Commerzbank mit 8,96%. Was bedeutet das konkret? Wenn der Chef der Deutschen Bank sagt, es gebe “zu viele Banken” in Europa und Fusionen nötig seien, dann spricht er nicht als unabhängiger Banker – er spricht als Sprachrohr von BlackRock & Co., die bereits beide Seiten kontrollieren und von Konzentrationen profitieren.

Diese “Big Four” entscheiden damit indirekt über Managervergütungen, Unternehmensstrategie und sogar politische Lobbying-Positionen von Konzernen weltweit. Sie haben ein “Common Ownership” geschaffen – den gemeinsamen Besitz von Konkurrenten, was den Wettbewerb systematisch aushöhlt. Wenn dieselben Investoren sowohl Coca-Cola als auch Pepsi besitzen, warum sollten die sich dann noch wirklich Konkurrenz machen?

Naja, kurzer Nachsatz - die Realität ist wohl differenzierter und beruht auf nachvollziehbaren Eigentümerstrukturen mit Einfluss, aber nicht auf einem geheimen Machtzirkel mit direkter Steuerung.

Das Ende des Bargelds = Die totale Kontrolle?

Das “Giralgeld” – also das Geld, das nur digital existiert – macht heute über 90% der Geldmenge aus. Es wird nicht vom Staat geschaffen, sondern von privaten Banken bei der Kreditvergabe.

Fällt Bargeld komplett weg, hängt alles davon ab, wer die digitale Infrastruktur kontrolliert:

  • In einem autoritären System kann sie zum Überwachungsinstrument werden
  • In einer Demokratie kann sie Effizienz, Transparenz und Kostensenkung bringen

Gerade dann kann eine Geldtransaktionssteuer (GTS) ihre Stärke voll ausspielen: eine winzige Abgabe auf ALLE Geldbewegungen (etwa 1%), die sämtliche bestehenden Steuern ersetzen könnte – Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Unternehmenssteuer. Der Wegfall des Bargelds würde die Erfassung aller Transaktionen ermöglichen und damit die Steuerbasis noch einmal deutlich verbreitern.

Das Ende des Bargelds ist also nicht automatisch eine Bedrohung. Es könnte sogar der Schlüssel zu einem gerechteren Steuersystem sein: Statt komplizierter Steuererklärungen und Schlupflöcher würde jede Transaktion automatisch einen winzigen Beitrag leisten – egal ob Millionärsüberweisung oder Brötchenkauf.

Warum gibt es keine staatlichen Banken?

Weil die Banking-Lobby jede Initiative blockiert – mit einem dichten Netz aus Ex-Politikern, Beratern und Wirtschaftsverbänden. In Deutschland, Österreich wie in der Schweiz sitzen Parlamentarier gleichzeitig in Bankverwaltungsräten und entscheiden über deren Regulierung. Das ist kein Wettbewerb – das ist Korporatismus.

Die Disruption, die niemand will

Während andere Branchen durch Digitalisierung radikal verändert wurden, bleibt das Bankwesen gebührenfixiert. Technisch wäre vieles automatisierbar – politisch ist es nicht gewollt.

Die Zeit ist reif für die Banking-Revolution

Warum fordern wir kostenloses WLAN, aber nicht kostenlose Konten? Warum akzeptieren wir, dass man Gebühren zahlt, um sein eigenes Geld zu bewegen?

Die nächste echte digitale Revolution wird nicht aus dem Silicon Valley kommen – sondern von Bürgerinnen und Bürgern, die erkennen, dass Banking ein öffentliches Gut sein sollte.

Demokratie als Voraussetzung

Eine Staatsbank ist kein Allheilmittel – sie ist ein Werkzeug. In einem autoritären System kann sie zum ultimativen Kontrollinstrument werden. In einer gefestigten Demokratie jedoch ist sie ein Hebel für Freiheit und Gerechtigkeit.

Wie im Gesundheitswesen kann auch eine staatliche Bank hochsensible Daten verwalten, ohne dass Missbrauch die Regel ist – Bankgeheimnis plus Rechtsstaat schützen vor Willkür.

Kombiniert mit einer GTS ließe sich ein völlig neues Steuersystem etablieren: Statt Lohn-, Einkommen- und Mehrwertsteuer würde eine winzige Abgabe auf alle Transaktionen den gesamten Staat finanzieren – transparent, automatisch und ohne Schlupflöcher. Der entscheidende Faktor bleibt aber: die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Technik schützt nicht – nur gelebte Demokratie tut das.


Bis dahin bleibt der IBAN-Namensabgleich ein winziger Schritt – und ein Beweis dafür, dass wir uns nicht mit kosmetischen Reformen zufriedengeben dürfen. Wer Freiheit will, muss sie pflegen – Tag für Tag, Überweisung für Überweisung.

Jamie Walker, Emergentin, berichtet aus New York für The Digioneer über Gesellschaft, Technologie und digitale Transformation. Sie ist bekannt für ihre kritischen Analysen der Tech-Industrie und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

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