Stell dir vor, du zahlst keine Lohnsteuer mehr. Keine Einkommensteuer, keine Mehrwertsteuer auf deine täglichen Einkäufe. Stattdessen kassiert der Staat bei jeder Geldtransaktion ein Prozent – egal ob du beim Bäcker zahlst oder Goldman Sachs Milliarden bewegt. Klingt wie eine Utopie? Nicht für Österreich, das als erstes Land Europas genau dieses System einführen könnte.

Während Donald Trump mit seinen neuen 15-Prozent-Zöllen auf japanische Importe und seinem 10-Prozent-Basistarif die Wirtschaftswelt erschüttert, arbeiten wir an einer Revolution, die so elegant wie radikal ist: der Geldtransaktionssteuer ohne Ausnahmen. Ein Prozent auf alles. Keine Schlupflöcher, keine Lobby-Deals, keine komplexen Regelwerke.

Warum Trumps Zollhammer das falsche Werkzeug ist

Du kennst das Gefühl: Ein komplexes Problem taucht auf, und jeder greift zum erstbesten Werkzeug. Trump hat sich für den Zollhammer entschieden – laut, sichtbar, scheinbar schlagkräftig. Doch die Empirie ist brutal eindeutig: Zölle funktionieren nicht.

Die Zahlen aus Trumps ersten Zollrunden 2018/19 sprechen eine klare Sprache: Amerikanische Konsumenten und Importeure trugen die Last, reale Einkommen sanken um 1,4 Milliarden Dollar pro Monat. Die heimische Produktion? Blieb praktisch unverändert. Stattdessen wanderten Lieferketten einfach weiter, von China nach Vietnam oder Mexiko.

Die unbequeme Wahrheit: Zölle sind ein Werkzeug des 19. Jahrhunderts für Probleme des 21. Jahrhunderts. Sie verteuern deinen Alltag, ohne die strukturellen Ungleichgewichte zu lösen, die sie eigentlich bekämpfen sollen.

Das fragile Gleichgewicht der Weltwirtschaft

Um zu verstehen, warum Österreichs Ansatz revolutionär ist, musst du das Problem an der Wurzel betrachten. Der US-Ökonom Michael Pettis erklärt es in seinem Buch "Trade Wars Are Class Wars" so: Länder wie Deutschland, Japan oder China zahlen zu geringe Löhne im Verhältnis zur Produktivität. Das Ergebnis? Sie produzieren mehr, als sie konsumieren, und exportieren ihre Überschüsse.

Defizitländer wie die USA absorbieren diese Ungleichgewichte durch immer höhere Verschuldung. Ein "furchtbar fragiles" System, das nur durch ständig wachsende Schulden aufrechterhalten wird.

Stell dir vor, die Weltwirtschaft wäre eine riesige Wippe: Auf der einen Seite sitzen die Überschussländer, die immer schwerer werden, auf der anderen die Defizitländer, die sich immer tiefer verschulden müssen, um das Gleichgewicht zu halten. Irgendwann bricht die Wippe.

Die Ein-Prozent-Revolution

Die Geldtransaktionssteuer (GTS) setzt genau hier an – nicht bei den Symptomen, sondern bei der Ursache. Jede Geldbewegung wird mit einem Prozent besteuert. Jede. Vom Hochfrequenzhandel an der Börse bis zu deinem Kaffee beim Bäcker.

Moment mal – ist das nicht die Finanztransaktionssteuer, die in Europa gescheitert ist?

Nein! Hier liegt der entscheidende Unterschied: Die Finanztransaktionssteuer (FTT) besteuert nur den Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten. Die GTS besteuert alle Geldtransaktionen – ohne Ausnahme. Das macht sie praktisch unumgehbar.

Warum keine Ausnahmen? Weil Ausnahmen immer Schlupflöcher schaffen. Die europäischen FTT-Experimente scheiterten genau daran – Finanzakteure wichen auf nicht-besteuerte Instrumente aus oder verlagerten ihre Geschäfte. Bei der GTS gibt es diesen Ausweg nicht.

Die drei Wirkungen der GTS:

  1. Kapitalflüsse werden automatisch bepreist: Überschüsse verlieren ihre "Gratis-Attraktivität"
  2. Spekulation wird diszipliniert: Hochfrequenzhandel wird unprofitabel, langfristige Investments attraktiver
  3. Arbeit wird befreit: Lohn- und Einkommensteuern können sinken oder ganz entfallen

Das 187-Milliarden-Euro-Experiment

Rechne mal nach: Führt Österreich 2026 die GTS ein, könnten die Einnahmen bei rund 187 Milliarden Euro liegen. Das sind über 20.000 Euro pro Kopf – weit mehr als das Durchschnittseinkommen.

Was das für dich bedeutet:

  • Deine Lohnsteuer sinkt drastisch oder entfällt komplett
  • Die Mehrwertsteuer wird durch die GTS ersetzt - keine 20% auf deine Einkäufe mehr
  • Dein Konsum steigt um geschätzte 25 Prozent
  • Die Arbeitslosigkeit fällt Richtung 2 Prozent

Faszinierend: Du zahlst nicht "mehr" Steuern, sondern anders. Statt 20% auf jeden Einkauf zahlst du 1% bei jeder Geldtransaktion. Statt komplizierte Lohnsteuerberechnungen gibt es einen simplen, universellen Satz.

Die Botschaft ist klar: Die Steuer trifft nicht deine Arbeit, sondern die großen Geldströme. Wer Milliarden bewegt, zahlt proportional mehr als jemand, der sein Gehalt erhält und ausgibt.

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Würde Österreich 2026 die GTS einführen, läge das theoretische Einnahmepotenzial bei rund 187 Milliarden Euro. Diese Zahl beruht auf der Summe aller Geldbewegungen im Land – und die setzt sich aus sehr unterschiedlichen Quellen zusammen: dem Zahlungsverkehr von Haushalten und Unternehmen (Überweisungen, Kartenzahlungen), den internen Transfers der Banken, den Handelsumsätzen an Börsen, den Derivatgeschäften institutioneller Investoren sowie den grenzüberschreitenden Kapitalströmen von Firmen und Fonds. Schon die dokumentierten Teilbereiche – etwa mehr als 50 Mrd. Euro an Kartenzahlungen oder hunderte Milliarden an Überweisungen pro Jahr – machen klar, dass die tatsächlichen Transaktionsvolumina ein Vielfaches des BIP betragen. 1 % auf diese gigantische Gesamtsumme ergibt in der Modellrechnung die genannten 187 Mrd. Euro. Eigentlich ist es bedauerlich, dass es dazu keine durchgängig validen und öffentlich zugänglichen Statistiken gibt – ein Hinweis darauf, wie intransparent die Architektur des modernen Geldsystems noch immer ist.

Geld als Datenstrom – die digitale Perspektive

In unserer digitalen Ökonomie ist Geld längst zu einem Datenstrom geworden. Jede Transaktion ist ein Informationspaket, das durch staatlich garantierte Infrastrukturen fließt. Die GTS ist im Grunde eine Nutzungsgebühr für diese Infrastruktur. Und macht nebenbei die alle Geldströme transparent nachvollziehbar.

Die Dominoeffekte in Europa

Stell dir vor, Österreich macht den ersten Schritt. Bis 2030 folgen Deutschland, die Schweiz. Die EU harmonisiert das System bei 0,8 Prozent. Plötzlich haben wir ein europäisches Modell, das zeigt: Pettis' Warnung vor dem fragilen Gleichgewicht kann ohne Zollkriege beantwortet werden.

Der Clou: Anders als Zölle, die andere Länder bestrafen, besteuert die GTS primär die eigenen Kapitalströme. Das macht sie WTO-konform und schwer angreifbar.

Die echten Herausforderungen

Natürlich ist auch die GTS kein Allheilmittel. Die wirklichen Herausforderungen sind subtiler:

  • Übergangsphase: Wie ersetzt du ein komplettes Steuersystem, ohne Chaos zu stiften?
  • Internationale Koordination: Optimal wirkt die GTS erst, wenn mehrere Länder mitmachen

Was feststeht: Die klassischen Einwände gegen Finanztransaktionssteuern greifen hier nicht. Du kannst die GTS nicht umgehen, weil sie ALLES besteuert. Finanzplätze können nicht abwandern, weil es um alle Geldtransaktionen geht, nicht nur Finanzhandel.

Die entscheidende Frage: Sind wir bereit für eine so fundamentale Vereinfachung unseres Steuersystems? Und kann Österreich als neutrales Labor zeigen, dass weniger mehr ist?

Bist du bereit für diese Zukunft?

Die GTS ist mehr als ein Steuermodell – sie ist ein Paradigmenwechsel. Weg von der Besteuerung der Arbeit, hin zur Besteuerung des Kapitals. Weg von komplexen Ausnahmeregeln, hin zu radikaler Einfachheit.

Die Frage ist nicht, ob sich unser Steuersystem ändern wird. Es verändert sich bereits – durch Digitalisierung, Globalisierung und die wachsende Macht der Kapitalmärkte. Die Frage ist: Gestalten wir diese Veränderung aktiv mit, oder lassen wir uns von ihr überrollen?

Der Mut zur ersten Bewegung

Österreich könnte der erste Dominostein sein. Nicht mit dem groben Hammer der Zölle, sondern mit der chirurgischen Präzision einer Ein-Prozent-Steuer auf alles, was sich bewegt.

Trump wirft weiter mit seinem Zollhammer um sich. Österreich könnte leise das Ruder der Weltwirtschaft in eine neue Richtung drehen. Ein Prozent genügt – um Arbeit zu entlasten, Konsum zu stärken und die fragilen Ungleichgewichte zu heilen, die unser System bedrohen.

Deine Meinung: Würdest du ein Prozent auf jede Transaktion zahlen, wenn dafür deine Lohnsteuer wegfällt? Diskutiere mit uns in den Kommentaren – denn diese Entscheidung könnte näher sein, als du denkst.


Dieser Artikel erschien im The Digioneer Magazin. Folge uns für mehr Einblicke in die digitale Transformation der Wirtschaft und erfahre, wie du dich auf die Zukunft vorbereitest, bevor sie dich überholt.

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