#deinfluencing setzt auf ehrliche Produktkritik und Markenentlarvung
Aktuell zeigt sich in den sozialen Medien ein Phänomen namens #deinfluencing, welches sich als Gegentrend zum klassischen Influencer-Marketing darstellt. Unter diesem Hashtag üben User:innen Kritik an Produkten, anderen Influencer:innen und Marken. Dabei erzählen sie von eigenen negativen Erfahrungen, berichten über schlechte Qualität und prangern irreführende Werbekampagnen und -versprechen an. Dieses explizite Abraten von bestimmten Produkten ist nicht nur bei Influencern mit einer großen Followerschaft beliebt, sondern wird auch von Nutzern mit geringeren Reichweiten aufgegriffen. Der dazugehörige Hashtag auf der Videoplattform Tiktok hat bereits bis April 2023 knapp 510 Millionen Views generiert.
„Der Deinfluencing-Trend zielt vor allem auf unauthentisches Verhalten ab, zum Beispiel Influencer, die für Produkte werben, die sie selbst nicht benutzt haben oder sehr wahrscheinlich nicht benutzen würden“, so Nina Trofimova, Sprecherin von Zalando, im Gespräch mit t3n. „Verbraucher achten zunehmend darauf, ob Influencern die Marke, über die sie posten, auch tatsächlich gefällt.“ Als Auslöser für die Deinfluencing-Welle gilt das sogenannte Mascara-Gate rund um die Tiktok-Userin Mikayla Nogueira.
Die Beauty-Influencerin hatte im Rahmen einer Kooperation mit der Marke L’Oréal eine Wimperntusche angepriesen. Weil ihre Wimpern dabei allerdings unnatürlich ausgeprägt wirkten, wurden aus der Community und von anderen Influencern Vorwürfe laut, Nogueira habe im Video falsche Wimpern getragen – und damit ihre Followerschaft bezüglich der Mascara-Wirkung belogen.
Kritik an Influencern und Unternehmen für Greenwashing und überflüssigen Konsum
In der Welt der Influencer wird nicht nur gegen vermeintlich unauthentische Figuren wie Mikayla Nogueira vorgegangen. Auch Unternehmen geraten ins Visier, wenn sie Greenwashing betreiben und damit Nachhaltigkeit vortäuschen, wo keine ist. Zudem werden teure Hype-Produkte und unnötiger Konsum kritisiert. Hersteller fürchten, dass der Trend des Deinfluencing ihr Image beschädigt und negativ auf ihre Werbung abfärbt. Doch es gibt auch Händler, die den Trend begrüßen. Eva Poll, die Sprecherin des Textilherstellers Armed Angels, betont, dass es für Konsumenten ein Wert sei, kritisch zu hinterfragen und sich zu informieren. Das Unternehmen setzt auf Nachhaltigkeit und Fairness und arbeitet auch mit Influencern zusammen. Bei allem steht Ehrlichkeit und Transparenz an erster Stelle.
Authentische Kritik von Influencern und Usern enthüllt Werbeversprechen und weckt Kontroverse
Deinfluencing ist ein Phänomen, das vor allem Testimonials und Marken betrifft, deren Produkte nicht halten, was ihre Werbung verspricht. Influencer und User teilen ihre negativen Erfahrungen, um anderen den Kauf schlechter Produkte zu ersparen. Laut dem Social-Media-Experten Florian Laue profitieren Verbraucher von Deinfluencing, da sie minderwertige Waren schneller erkennen und vermeiden können. Allerdings ist das Ganze bei hauptberuflichen Influencern nicht uneigennützig: Wer gelegentlich Kritik an bestimmten Marken äußert, kann sich damit in der Community mehr Glaubwürdigkeit verschaffen und so mehr Werbeeinnahmen erzielen. Influencer können auch auf vorhandenen Content reagieren, um ihre Reichweite zu optimieren und Storytelling zu betreiben. Doch Laue warnt vor Fehlinformationen und Verwirrungen, da nicht immer klar ist, welche Meinung oder Aussage valide ist. Jason Modemann von der Tiktok-Performance-Agentur Mawave sieht auch Nachteile: Deinfluencing kann dazu führen, dass Influencer abschreckend auf Marken wirken und dass viele User Produkte aus Reichweitezwecken bashen, was ein ehrliches Feedback erschwert.
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Hier geht`s zur AnmeldungOb ehrliche Kritik oder taktischer Vertrauensboost – letztendlich schlägt Deinfluencing auch in die Kerbe der aktuellen Wirtschaftslage. In einer Zeit, in der zahlreiche Produkte deutlich teurer geworden sind und der Konsum vieler Menschen zwangsläufig zurückgeht, fallen Antiempfehlungen und Konsumkritik auf fruchtbaren Boden. Und wer doch etwas kauft, will sich im Vorfeld zumindest gut beraten fühlen oder sucht vielleicht eine kostengünstige Alternative zu hochpreisigen Artikeln – und wird unter dem Hashtag #deinfluencing fündig.