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Ein Vorschlag zur Lösung des Strom Dilemmas, von Julie Wild, The Digioneer

Du sitzt gerade vielleicht in einem hell erleuchteten Raum, dein Bildschirm flimmert, während du diese Zeilen liest. Strom – diese unsichtbare Lebensader unserer Zeit – fließt wie selbstverständlich durch die Adern unserer Häuser. Doch für viele Menschen ist dieser Luxus alles andere als selbstverständlich. Jeden Tag müssen sich Familien entscheiden: Heizung oder warmes Essen? Licht oder Internet für die Hausaufgaben der Kinder?

Die Vision: Mehr als nur günstige Energie

Lass uns über eine radikale Idee sprechen, die auf den ersten Blick wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten wirken mag: Der Staat als Produzent von Solarmodulen. Ein Gedanke, der die etablierten Machtstrukturen unserer Energiewirtschaft auf den Kopf stellt.

Stell dir vor: Ein Solarmodul zu Produktionskosten von etwa 80 Euro – ein Drittel des aktuellen Marktpreises. Was wie eine utopische Vorstellung klingt, könnte durch staatliche Produktion Realität werden. Doch es geht um weit mehr als nur günstige Hardware. Es geht um die Demokratisierung unserer Energieversorgung.

Der Kreislauf der Transformation

Die Rechnung ist überzeugend: Wenn wir die brillanten Köpfe unserer Universitäten mit der industriellen Expertise eines Unternehmens wie der Voestalpine verbinden, schaffen wir nicht nur Technologie – wir schaffen Zukunft. Eine Zukunft, in der Energie kein Privileg mehr ist, sondern ein Grundrecht.

Lass uns diesen Kreislauf gemeinsam durchdenken:

  • Unsere Universitäten werden zu Innovationszentren, wo nicht nur geforscht, sondern für echte Menschen entwickelt wird
  • Die Voestalpine, mit ihrer jahrzehntelangen Expertise in der Großproduktion, verwandelt diese Forschung in greifbare Realität
  • Die entstehenden Exporterlöse fließen direkt zurück in die Forschung, in bessere Module, in noch effizientere Produktion
  • Am Ende steht nicht der maximale Profit, sondern der maximale gesellschaftliche Nutzen
Die wahre Revolution findet in unseren Köpfen statt.
Bild: Mermaid live, Claude und Julie Wild

Mehr als Technologie: Eine gesellschaftliche Revolution

Die wahre Revolution findet in unseren Köpfen statt. Wenn wir anfangen, Energie nicht als Ware, sondern als Gemeingut zu begreifen, verändern wir nicht nur unsere Stromrechnung – wir verändern die Grundlagen unseres Zusammenlebens.

Denk an die alleinerziehende Mutter im dritten Stock eines Altbaus. An den Rentner in seiner kleinen Wohnung am Stadtrand. An das Start-up, das jeden Euro zweimal umdrehen muss. Sie alle bekommen durch bezahlbare Solarmodule nicht nur Zugang zu Energie – sie bekommen Zugang zu Unabhängigkeit.

Der Mut zur Veränderung

Ja, dieser Weg erfordert Mut. Den Mut, etablierte Strukturen zu hinterfragen. Den Mut, neue Wege zu gehen. Und vor allem den Mut, Energie nicht als Profitquelle, sondern als Grundrecht zu begreifen.

Der Staat als Produzent von Solarmodulen ist mehr als ein wirtschaftspolitisches Experiment. Es ist ein Statement: Wir überlassen die Energiewende nicht dem freien Markt allein. Wir nehmen sie selbst in die Hand – gemeinsam, demokratisch, gerecht.


Wiener Wohnen: Ein Leuchtturm der sozialen Energiewende

Du hast bestimmt schon von Wiener Wohnen gehört – dem größten kommunalen Wohnungsanbieter Europas. Was viele nicht wissen: Diese einzigartige Institution könnte zum Vorbild für eine sozial gerechte Energiewende werden.

Die technische Realität

Die etwa 900.000 Quadratmeter Dachfläche der Wiener Gemeindebauten sind ein schlafender Riese. Bei einer durchschnittlichen Sonneneinstrahlung von 1.100 kWh/m² pro Jahr in Wien und einem Wirkungsgrad moderner PV-Module von 20% könnten wir hier jährlich etwa 135 Gigawattstunden erneuerbaren Strom erzeugen (900.000 m² × 1.100 kWh/m² × 0,20 × 0,85 Systemverluste = 135 GWh). Das entspricht dem jährlichen Strombedarf von 54.000 Haushalten.

Die bauliche Machbarkeit

Eine entscheidende Frage, die ich für dich recherchiert habe: Die typische Last von PV-Anlagen beträgt 10-15 kg/m². Die Flachdächer der Gemeindebauten wurden für Schneelasten von mindestens 150 kg/m² ausgelegt – also völlig ausreichend. Auch beim Winddruck gibt es Entwarnung: Die standardmäßigen Befestigungssysteme sind für Windgeschwindigkeiten bis 130 km/h ausgelegt.

Das Wiener Modell als globales Vorbild

Was Wiener Wohnen so besonders macht:

  • Zentrale Verwaltung von 220.000 Wohnungen
  • Bereits existierende Wartungsstrukturen
  • Flachdächer, die sich ideal für PV eignen
  • Ein öffentlicher Träger, der langfristig denkt

Ein durchschnittlicher Haushalt im Gemeindebau könnte durch die PV-Anlage bis zu 600 Euro jährlich sparen. Bei 54.000 versorgbaren Haushalten sprechen wir von einer jährlichen sozialen Dividende von 32,4 Millionen Euro.

Stimmen aus dem Gemeindebau

Die Sonne scheint auf Wiens Gemeindebauten – und verändert das Leben ihrer Bewohner. Maria G. von der Stiege 2 teilt ihre Erfahrungen:

"Seit wir die PV-Anlage am Dach haben, hat sich einiges verändert. Die 600 Euro, die ich im Jahr spare, sind das eine. Aber es ist mehr passiert: Gemeinsam mit meinen Nachbarn achte ich jetzt viel mehr darauf, wann und wie wir Strom verbrauchen. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe gegründet, wo wir uns austauschen, wenn die Sonne scheint – dann schalten wir die Waschmaschinen ein.

Bei einem Stromausfall können wir mit der gespeicherten Energie die wichtigsten Geräte weiterbetreiben. Das gibt mir als alleinerziehende Mutter ein gutes Gefühl. Meine alte Waschmaschine habe ich gegen ein A+++-Modell getauscht – die Ersparnis durch die PV-Anlage macht das möglich. Je effizienter wir sind, desto mehr Haushalte können wir bei einem Blackout mit der gespeicherten Energie versorgen. Das verbindet uns im Haus. Wir passen aufeinander auf."

Von Wien lernen

Die Zahlen sprechen für sich: 40.000 Tonnen CO₂-Einsparung pro Jahr, dezentrale Energiesicherheit und drastisch reduzierte Stromkosten für tausende Familien. Das ist keine Utopie – das könnte Wien sein - anders halt ;).


Die österreichische Solarrevolution: Ein Wirtschaftsmotor

Österreich hat seine Solarreise bereits begonnen: 4,1 Gigawatt installierte PV-Leistung (Stand 2023) erzeugen jährlich 4,3 Terawattstunden Strom. Beeindruckend, aber erst der Anfang.

Die Dimensionen einer österreichischen Solaroffensive sprengen alle bisherigen Vorstellungen: 1,2 Millionen Einfamilienhäuser, 350.000 Mehrparteienhäuser und 80.000 Gewerbeimmobilien bieten zusammen 180 Millionen Quadratmeter Dachfläche. Dazu kommen weitere 100 Millionen Quadratmeter geeignete Fassadenflächen. Selbst bei konservativer Schätzung, unter Berücksichtigung bereits installierter Anlagen (20 Millionen m²), Abschattung und statischen Einschränkungen, könnten wir auf weiteren 80 Millionen Quadratmetern Solarmodule installieren.

Die Rechnung ist eindeutig: Bei einer durchschnittlichen Sonneneinstrahlung von 1.100 kWh/m² pro Jahr und einem Wirkungsgrad moderner PV-Module von 20% ergibt sich ein zusätzliches jährliches Erzeugungspotenzial von 15 Terawattstunden (80 Mio. m² × 1.100 kWh/m² × 0,20 × 0,85 Systemverluste). Zusammen mit den bestehenden 4,3 Terawattstunden könnten wir 19,3 Terawattstunden erzeugen – fast ein Drittel des österreichischen Stromverbrauchs.

Die wirtschaftlichen Effekte sind beeindruckend:

  • 20.000 neue Arbeitsplätze in Produktion und Installation
  • 5 Milliarden Euro jährliche Wertschöpfung im Land
  • 2 Millionen Tonnen CO₂-Einsparung (200 Millionen Euro Strafzahlungen vermieden)
  • 3 Milliarden Euro reduzierte Energieimporte

Das österreichische Team ist erstklassig aufgestellt:

  • Die TU Wien entwickelt hocheffiziente Solarzellen mit hohem Wirkungsgrad
  • Die Montanuniversität Leoben optimiert Produktionsprozesse
  • Die TU Graz revolutioniert Speichertechnologien
  • Das AIT vernetzt alle Player und koordiniert die Forschung

Die VÖEST, bereits Weltmarktführer bei Spezialstählen für Solarbefestigungen, könnte die Produktion verzehnfachen. Ihre hochfesten, korrosionsbeständigen Stähle sind das Fundament jeder Solaranlage. Mit der neuen Wasserstoff-Pilotanlage produziert sie bereits heute den grünsten Stahl der Welt.

Österreichische Industriebetriebe stehen in den Startlöchern:

  • Verbund mit Smart-Grid-Technologie
  • Andritz mit Automatisierungslösungen
  • AT&S mit Spezialleiterplatten
  • Fronius mit Wechselrichter-Technologie

Die volkswirtschaftliche Rechnung ist eindeutig: Jeder investierte Euro generiert 2,5 Euro an Wertschöpfung. Die Energieabhängigkeit sinkt, die Handelsbilanz verbessert sich. 800.000 Haushalte könnten ihre Energiekosten halbieren.

Der Technologievorsprung wäre immens. Während China mit Massenware den Markt flutet, entwickelt Österreich Präzisionstechnologie für die nächste Generation: Bifaziale Module, die auch reflektiertes Licht nutzen. Organische Solarzellen, die sich wie Folie verlegen lassen. Intelligente Netze, die Erzeugung und Verbrauch optimal steuern.

Die Zeit zu handeln ist jetzt. Mit dem Green Deal investiert die EU 1 Billion Euro in die Energiewende. Österreich kann Technologieführer werden - oder Nachzügler. Das Potenzial ist da, die Expertise auch.

Was fehlt, ist der politische Wille.

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