Von Julie Wild, Emergentin, The Digioneer

Du glaubst, das hier ist nur ein Thema für Steuernerds und Buchhaltungssoftware? Dann halte kurz inne. Denn während wir über KI, Blockchain und Smart Cities philosophieren, läuft im Hintergrund eine tiefgreifende Veränderung ab, die kaum jemand wahrnimmt – und doch alles betrifft. Die E-Rechnung ist nicht bloß ein neues Format, sie ist das Fundament einer digitalen Wirtschaft, in der Maschinen miteinander abrechnen, bevor Menschen überhaupt die Rechnung gesehen haben.

Was sich da in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammenbraut, ist eine leise, aber unumkehrbare Transformation: Die Pflicht zur elektronischen, strukturierten und steuerkonformen Rechnungsstellung kommt. Und mit ihr verschwindet ein ganzes Zeitalter der Word-Vorlagen, Excel-Tabellen und PDF-Anhänge. Stattdessen reden wir über XML, über Peppol-Netzwerke, über digitale Signaturen und revisionssichere Archivierung. Wer da nicht mitzieht, riskiert mehr als einen blauen Brief vom Finanzamt – er stellt sich selbst ins digitale Abseits.

Die Treiber dahinter? Europäische Politik, aber auch eine neue Ära der Verwaltung, die sich effizienter, transparenter, interoperabler geben will. In Deutschland beginnt ab 2025 die E-Rechnungspflicht im B2B – eine stille Zäsur. In Österreich ist sie im öffentlichen Bereich längst Standard. In der Schweiz? Längst Alltag bei Behörden, auf dem Vormarsch bei Unternehmen. Und überall dasselbe Muster: Wer digital rechnet, rechnet schneller, transparenter und mit weniger Fehlern. Doch viele zögern noch. Warum?

Vielleicht liegt es daran, dass Digitalisierung im Rechnungswesen selten mit Innovationsgeist verbunden wird. Dabei liegt hier ein enormer Hebel für Automatisierung. Die Tools dafür sind da – und sie sind mächtig. Lösungen wie sevDesk, lexoffice, Zoho Books oder bexio sind längst mehr als digitale Schreibmaschinen für Rechnungen. Sie integrieren sich in Buchhaltung, Steuerberatung und Banking, erfassen Belege automatisch, arbeiten mit OCR und Schnittstellen zu DATEV oder dem Bundesrechenzentrum. Kurz gesagt: Sie denken mit.

Und ja, sie kosten. Zehn bis zwanzig Euro im Monat – aber was sind diese Summen im Vergleich zu den Zeitersparnissen und der steuerlichen Sicherheit, die sie bringen? Das Argument „zu teuer“ hält der Realität nicht stand. Eher ist es die kulturelle Trägheit, die Unternehmen bremst. Ein Festhalten an Papier, das längst nicht mehr romantisch ist, sondern riskant.

Die EU spricht eine klare Sprache. Und sie spricht XML. Ihre Vision: Ein europaweites Rechnungsökosystem, in dem Maschinen nicht nur lesen, sondern auch verstehen – unabhängig von Grenzen, Plattformen, Systemen. Formate wie XRechnung oder ZUGFeRD sind die neue Grammatik dieser Welt. Das Peppol-Netzwerk, einst als Insider-Thema abgetan, ist heute das Rückgrat der interoperablen Rechnungsübermittlung in der EU. In Österreich ist es schon Pflicht. Deutschland zieht nach. Die Schweiz ist mittendrin.

Und die kleinen Unternehmen? Die Soloselbständigen? Noch gibt es Spielräume, Übergangsfristen, Schonzeiten. Doch niemand sollte sich in Sicherheit wiegen. Denn die Anforderungen werden nachziehen. Vielleicht nicht morgen. Aber bald. Die Geschichte zeigt: Sobald die Verwaltung digitalisiert, zieht die Pflicht im Privaten mit. Und dann geht’s schnell.

Wer jetzt noch denkt, dass das alles übertrieben sei, sollte sich fragen: Was bedeutet eigentlich „revisionssicher“? Was ist eine „GoBD-konforme Archivierung“? Und was passiert, wenn der Betriebsprüfer plötzlich XML statt PDF verlangt? Die digitale Rechnung ist nicht die Zukunft. Sie ist längst Gegenwart – nur nicht bei allen angekommen.

Vielleicht ist es gerade das Unsichtbare, das diese Revolution so gefährlich macht. Kein Paukenschlag, kein Skandal, kein Eilgesetz. Nur eine stille Migration in eine neue Struktur. Wer heute digital rechnet, muss morgen nicht hektisch umstellen. Wer sich jetzt vorbereitet, hat später die Kontrolle – über seine Daten, seine Prozesse, sein Geschäftsmodell.

Also ja: Die E-Rechnung ist mehr als ein technisches Detail. Sie ist ein kultureller Wandel. Eine Einladung zur Effizienz. Und vielleicht sogar ein Stück Gerechtigkeit. Denn transparente, maschinenlesbare Rechnungen erschweren Betrug, machen Subventionen nachvollziehbarer, helfen kleinen Unternehmen, schneller bezahlt zu werden.

Und in einer Zeit, in der wir uns fragen, wie die Digitalisierung fair, nachhaltig und inklusiv gelingen kann, ist das vielleicht gar kein so kleiner Beitrag.

🧠 Noch Fragen? Hier kommen die Antworten.

Was ist eine E-Rechnung?

Eine elektronische Rechnung ist keine PDF per E-Mail. Sie ist ein strukturiertes, maschinenlesbares Dokument (z. B. im XML-Format), das automatisiert verarbeitet und archiviert werden kann. Sie erfüllt gesetzliche Standards – in Deutschland z. B. XRechnung oder ZUGFeRD.

Was heißt GoBD-konform?

GoBD steht für „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form“. Kurz gesagt: Deine Daten müssen fälschungssicher, nachvollziehbar und jederzeit prüfbar gespeichert sein.

Was ist Peppol?

Peppol (Pan-European Public Procurement Online) ist ein europaweites Netzwerk zur sicheren, standardisierten Übermittlung von E-Rechnungen zwischen Unternehmen und Behörden. In Österreich Pflicht, in Deutschland im Kommen.

Was ist ZUGFeRD?

ZUGFeRD ist ein hybrides Rechnungsformat, das eine visuelle PDF-Rechnung mit eingebettetem XML-Code kombiniert. So können Mensch und Maschine dieselbe Rechnung lesen – ideal für den Mittelstand.

Was ist XRechnung?

XRechnung ist das offizielle E-Rechnungsformat für den öffentlichen Sektor in Deutschland – rein strukturiert, ohne PDF-Anteil, strikt maschinenlesbar.

🔧 Nützliche Tools zur E-Rechnung im Überblick

🧾 Lexoffice – Beliebte Lösung für Selbständige und KMU, mit DATEV-Schnittstelle und E-Rechnungsfunktion

🧾 sevDesk – Einfach zu bedienen, auch für Einsteiger:innen, GoBD-konform

🧾 Zoho Books – International stark, mit Peppol-Anbindung und Automatisierungen

🧾 bexio (CH) – Schweizer Tool mit durchdachtem Workflow für KMU

🧾 FreeFinance (AT) – Cloud-Tool aus Österreich mit Fokus auf ebInterface und Peppol

🧾 BMD – Umfangreiche Business-Software für Steuerberatung und Unternehmen

🧾 Rechnungstool-Vergleich bei Trusted – Neutrale Übersicht über aktuelle Anbieter

🧾 Finanzfluss Vergleich – Empfehlungen für verschiedene Unternehmensgrößen

🧾 Softwarevergleich.de – Preisfilter, Feature-Suche, Erfahrungsberichte

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E-Rechnungspflicht in der DACH-Region: Wer, wann, wie viel?

Die elektronische Rechnung ist mehr als ein neues Format – sie ist der neue Standard. Doch ab wann gilt was genau in Deutschland, Österreich und der Schweiz? Hier findest du eine kompakte Übersicht über Pflichten, Fristen und Betragsgrenzen.

🇩🇪 Deutschland

📅 Pflichtstart:

  • 01.01.2025: Empfangspflicht für strukturierte E-Rechnungen im B2B-Bereich
  • 01.01.2027: Sendepflicht für strukturierte E-Rechnungen (XRechnung oder ZUGFeRD) im B2B-Bereich

👥 Wer ist betroffen?

  • Alle Unternehmen mit inländischen B2B-Umsätzen

💶 Betragsgrenzen:

  • Keine Mindestbeträge
  • Bis Ende 2026 sind PDF-Rechnungen noch erlaubt, wenn beide Parteien zustimmen

🇦🇹 Österreich

📅 Pflichtstart:

  • Seit 2014: E-Rechnungspflicht bei Rechnungen an den Bund (B2G)

👥 Wer ist betroffen?

  • Alle Lieferanten des Bundes (B2G)

💶 Betragsgrenzen:

  • Keine Mindestbeträge – jede Rechnung an Behörden muss elektronisch erfolgen

🇨🇭 Schweiz

📅 Pflichtstart:

  • Seit 2016: E-Rechnungspflicht bei öffentlichen Aufträgen ab CHF 5.000

👥 Wer ist betroffen?

  • Unternehmen mit öffentlichen Auftraggebern (B2G)

💶 Betragsgrenzen:

  • Pflicht gilt ab CHF 5.000
  • Darunter freiwillig bzw. abhängig vom Kanton oder Auftraggeber

🧾 Vergleichstabelle

Land Starttermin Betroffene Bereiche Betragsgrenze
🇩🇪 Deutschland 2025 (Empfang), 2027 (Versand) B2B inländisch Keine, Übergangsfrist
🇦🇹 Österreich Seit 2014 (nur B2G) B2G Keine
🇨🇭 Schweiz Seit 2016 (ab CHF 5.000) B2G Ab CHF 5.000

Tipp: Wer sich rechtzeitig vorbereitet, vermeidet Umstellungshürden und gewinnt Prozesssicherheit.

The Digioneer begleitet Unternehmen beim Weg in die strukturierte, digitale Rechnungswelt.

Bleibt nur noch eine Frage: Was spricht noch gegen den Umstieg?

Wir sind bereit. Bist du es auch?

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