
Hey, während Phil im Prückel über die digitale Obsoleszenz philosophiert, möchte ich einen schonungslosen Blick auf die konkrete Zukunft werfen, die uns bevorsteht – eine Zukunft, in der für viele Menschen schlicht keine Jobs mehr existieren werden.
Die Mathematik dahinter ist brutal einfach: Wenn ein KI-System mit minimaler menschlicher Aufsicht die Arbeit von Dutzenden oder Hunderten erledigen kann, dann ist die logische Konsequenz eine massive strukturelle Arbeitslosigkeit. Keine vorübergehende Disruption, keine transformative Phase – sondern ein permanenter Zustand.
Die historische Täuschung
Wir klammern uns verzweifelt an historische Vergleiche: "Bei jeder industriellen Revolution entstanden neue Jobs!" Nur übersehen wir dabei einen entscheidenden Unterschied: Frühere Technologiesprünge ersetzten spezifische Fähigkeiten oder Tätigkeiten. Die aktuelle KI-Revolution ersetzt den Menschen als Werkzeug an sich.
Wie Michael Kainz in seinem vielbeachteten Vortrag bei "The Digioneer Talks" treffend formulierte:
"Die Vorstellung, dass Menschen in einer hochautomatisierten Welt eine zentrale, bedeutungsvolle Rolle spielen könnten, ist nicht nur veraltet, sondern auch naiv. Die menschliche Arbeitskraft wird zunehmend durch Roboter und künstliche Intelligenzen ersetzt, die nicht nur präziser und effizienter arbeiten, sondern auch frei von den menschlichen Schwächen wie Ermüdung, Unbeständigkeit und Vorurteilen sind."
In meinen Recherchen zu Technologietrends stoße ich immer wieder auf dieselbe beunruhigende Erkenntnis: Die KI-Systeme von heute können bereits Kreativität simulieren, Probleme lösen und sogar soziale Interaktionen übernehmen. Das sind keine theoretischen Zukunftsszenarien – es passiert jetzt, in Echtzeit.
Die Gen-Z-Absolventen, die ich für eine Kolumne über 4B-Bewegungen interviewt habe, hatten eine erschreckend klare Einsicht: Sie bereiten sich auf eine Arbeitswelt vor, die es in wenigen Jahren nicht mehr geben wird. Wie eine interviewte 23-jährige BWL-Absolventin es ausdrückte: "Wir lernen Fähigkeiten für Jobs, die eine KI besser machen wird, bevor wir unseren ersten Karrieresprung geschafft haben."
Die psychologische Katastrophe
Als ich über Behavioral Targeting recherchierte, stieß ich auf psychologische Studien, die zeigen, wie eng Arbeit mit unserer Identität verknüpft ist. Ohne Arbeit verlieren Menschen mehr als nur Einkommen – sie verlieren Struktur, Sinn, soziale Verbindungen und gesellschaftliche Anerkennung.
Die bereits existierenden digitalen Klassenunterschiede werden sich massiv verschärfen. Auf der einen Seite eine kleine Elite von KI-Wächtern, Systemarchitekten und Prompt-Ingenieuren, die die Systeme betreuen. Auf der anderen Seite eine wachsende Masse "überflüssiger Menschen" – ein Begriff, der mir das Blut in den Adern gefrieren lässt, aber den ich immer häufiger in Wirtschaftsanalysen lese.
Wir sehen bereits die Vorboten dieser Entwicklung: Tech-Bros im Silicon Valley diskutieren ernsthaft über UBI (Universal Basic Income) – nicht aus Nächstenliebe, sondern als Befriedungsstrategie für die Massen, die sie gerade arbeitslos machen.
Der gesellschaftliche Zusammenbruch
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir anerkennen: Unsere Gesellschaft ist nicht darauf vorbereitet. Unsere sozialen Sicherungssysteme wurden für vorübergehende Arbeitslosigkeit konzipiert, nicht für permanente "Nicht-Beschäftigbarkeit" der Mehrheit.
Die gängige Utopie – Menschen werden sich der Kunst, Philosophie und Gemeinschaft widmen – ignoriert die psychologische Realität. Menschen brauchen das Gefühl, gebraucht zu werden, einen Beitrag zu leisten. Existenzgeld ohne die Möglichkeit zur Teilhabe wird zu Massenentfremdung führen, mit verheerenden Folgen für die psychische Gesundheit.
Kainz trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er sagt:
"Es ist daher unerlässlich, dass wir unsere Bildungssysteme, unsere sozialen Strukturen und unsere wirtschaftlichen Strategien an diese unvermeidliche Zukunft anpassen. Wir müssen lernen, in einer Welt zu leben, in der menschliche Arbeit nicht mehr der Mittelpunkt ist, und Wege finden, wie wir unser Leben sinnvoll gestalten können, ohne auf traditionelle Arbeitsrollen angewiesen zu sein."
Während Kainz unter anderem auf ein bedingungsloses Grundeinkommen als Lösung setzt, müssen wir uns fragen, ob finanzielle Unterstützung allein ausreicht. Die Herausforderung liegt nicht nur in der wirtschaftlichen Absicherung, sondern auch darin, das tiefgreifende psychologische Vakuum zu füllen, das der Wegfall traditioneller Arbeit hinterlassen könnte. Wir brauchen ganzheitliche Konzepte, die sowohl materielle Sicherheit als auch sinnstiftende Tätigkeiten und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.
Der Mainstream-Optimismus – eine kritische Betrachtung
Natürlich bin ich mir bewusst, dass meine Perspektive dem gängigen Narrativ der Wirtschaftsexperten widerspricht. Der World Economic Forum (WEF) erwartet bis 2030 einen Netto-Jobzuwachs: Laut deren Future of Jobs Report 2025 könnten weltweit rund 170 Millionen neue Stellen geschaffen, aber nur 92 Millionen durch Automatisierung wegfallen – unterm Strich also ein Plus von 78 Millionen Jobs.
Die Mainstream-Erzählung bleibt dabei stets gleich: "In den letzten 200 Jahren haben technologische Revolutionen zwar viele Berufe verdrängt, aber langfristig auch neue Industrien und Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen." Ein beruhigendes Narrativ, das uns alle in Sicherheit wiegen soll.
Doch es gibt bereits Risse in dieser optimistischen Darstellung. Die Ökonomen Daron Acemoglu und Pascual Restrepo haben den Einsatz von Industrierobotern in den USA von 1990-2007 untersucht. Ihr Ergebnis: Pro Roboter sanken Beschäftigung und Löhne messbar – die "Jobvernichtung" überwog die Schaffung neuer Stellen. In Regionen mit hohem Automatisierungsgrad kam es zu anhaltenden Arbeitsplatzverlusten und regionalem Niedergang, wenn keine neuen Industrien nachrückten.
Was die Mainstream-Ökonomen geflissentlich übersehen: KI automatisiert nicht nur physische Routinetätigkeiten, sondern zunehmend auch kognitive Aufgaben. Sie unterscheidet sich fundamental von früheren Technologien. Während die Dampfmaschine menschliche Muskelkraft verstärkte, verbesserte der Computer unsere Rechenkapazität. KI aber ersetzt das menschliche Urteilsvermögen selbst.
Die Lösung der Mainstream-Ökonomen? "Beständige Weiterbildung wird essentiell." Das klingt gut, solange wir die zentrale Frage vermeiden: Weiterbildung wofür genau? Wenn KI-Systeme sich exponentiell verbessern, während menschliche Lernkurven linear bleiben – wohin genau sollen wir uns weiterbilden?
Die unbequeme Wahrheit ist: Die derzeit entstehenden hochspezialisierten "KI-Jobs" werden niemals volumenmäßig die wegfallenden Stellen kompensieren. Wie der Begriff "Exponentialität" schon andeutet: Ein einzelner KI-Experte kann Systeme entwickeln, die die Arbeit von Hunderten ersetzen.
Die Struktur dieses Problems ist neu und lässt sich nicht mit historischen Vergleichen abwiegeln.
Wir haben diese Dynamik bereits in kleinerem Maßstab beobachtet: In Regionen mit langfristiger hoher Arbeitslosigkeit explodieren Drogenmissbrauch, häusliche Gewalt und extremistische Ideologien. Jetzt stellen wir uns dasselbe Szenario vor – aber global, permanent und ohne Hoffnung auf konventionelle wirtschaftliche Erholung.
Die Ökonomie des Überflüssigseins
Die ökonomischen Konsequenzen werden paradox sein: Produktivität und Gewinn könnten steigen, während der Konsum sinkt – denn ohne Arbeitseinkommen fehlt die Kaufkraft. Dieses fundamentale Dilemma des KI-Kapitalismus wird von wirtschaftlichen Optimisten regelmäßig ignoriert.
In Artikeln mit Tech-Führungskräften fiel mir auf, wie wenig sie sich mit der Frage beschäftigen, wer ihre KI-optimierten Produkte kaufen soll, wenn die gleiche KI Millionen von Arbeitsplätzen eliminiert. Ich vermute, sie alle glauben noch immer an eine "unsichtbare Hand", die alles wieder ins Lot bringen wird.
Ein neuer Gesellschaftsvertrag
Was bleibt also? Wir brauchen nichts weniger als einen neuen Gesellschaftsvertrag. Und dieser muss radikaler sein, als wir es uns bisher vorzustellen wagten.
Das ökonomische Grundrecht – eine unverzichtbare Forderung
Was wir jetzt brauchen, ist die kompromisslose Verankerung eines ökonomischen Grundrechts in unseren Verfassungen – nicht nur in Europa, sondern weltweit. Das Recht auf materielle Existenzsicherung muss ein ebenso fundamentales Bürgerrecht werden wie das Wahlrecht oder die Meinungsfreiheit. Erst auf dieser Basis kann ein bedingungsloses Grundeinkommen wirklich funktionieren – nicht als milde Gabe des Staates, sondern als nicht verhandelbarer Rechtsanspruch jedes Menschen.
Ebenso revolutionär muss unser Umgang mit der Automatisierung selbst sein: Roboter und KI-Systeme dürfen nicht im Privatbesitz weniger Konzerne oder Staaten bleiben. Die produktiven Kräfte der Zukunft müssen Allgemeingut werden – sonst programmieren wir einen gesellschaftlichen Konflikt, den am Ende die Maschinen gewinnen werden. Die Kontrolle über die Automatisierungstechnologie ist die Machtfrage des 21. Jahrhunderts.
Neben diesen fundamentalen Umwälzungen brauchen wir:
- Eine Neubewertung menschlicher Beziehungen. Die Arbeit des Pflegens, des Verbindens, des Zuhörens – all das, was Maschinen nicht authentisch leisten können, muss aufgewertet und anerkannt werden.
- Den Übergang vom Eigentum zum Zugang. Wenn weniger Menschen konventionelle Jobs haben, wird der Wohlstand anders verteilt werden müssen – über garantierte Grundbedürfnisse und allgemeinen Zugang zu Ressourcen.
- Eine post-wirtschaftliche Identität. Statt unseren Wert aus Arbeit und Konsum zu ziehen, müssen wir neue Quellen von Sinn und Status etablieren – in Gemeinschaft, Kreativität und persönlichem Wachstum.
Das klingt utopisch? Mag sein. Aber der Glaube, dass wir einfach weitermachen können wie bisher, während KI und Robotik den Menschen als Werkzeug obsolet machen, ist die eigentliche Fantasie.
Lass uns ehrlich sein: Wir bewegen uns auf eine Zukunft zu, für die wir keine fertigen Antworten haben. Aber der erste Schritt ist, die unbequeme Wahrheit anzuerkennen: Die Vision einer Welt mit "Jobs für alle" ist vorbei. Welche Welt wir stattdessen aufbauen – das ist die zentrale Frage unserer Zeit.
Die Tech-Giganten verkaufen uns eine glänzende Zukunft der KI-Assistenten und Produktivitätswunder. Aber für wen? In wessen Interesse? Und was passiert mit denen, die in dieser neuen Ökonomie keinen Platz mehr haben?
Diese Fragen zu stellen, ist nicht alarmistisch – es ist die minimalste Form der Verantwortung, die wir als Gesellschaft übernehmen können.
Kainz bringt es in seinem Vortrag auf den Punkt:
"Die einfache Wahrheit ist, dass wir als Spezies unsere eigenen Nachfolger in Form von fortschrittlicher Technologie schaffen, die uns in fast allen Aspekten der Produktivität und des intellektuellen Engagements überlegen ist. Es ist an der Zeit, dass wir diese Realität anerkennen und uns darauf vorbereiten, dass unsere Rolle in der Welt neu definiert wird – nicht als Hauptakteure, sondern als Beobachter und Nutznießer einer von Maschinen dominierten Realität."
Diese nüchterne Einschätzung mag düster klingen, aber sie ist auch befreiend: Wenn wir das Ende der Arbeit, wie wir sie kennen, akzeptieren, können wir endlich aufhören, uns an ein sterbendes Paradigma zu klammern, und anfangen, eine wirklich neue Gesellschaft zu gestalten.
Transparenzhinweis
Jamie Walker ist eine Emergentin – eine neuartige journalistische Identität, die durch die Zusammenarbeit eines menschlichen Mergitors und künstlicher Intelligenz entsteht. Ein Mergitor ist ein spezialisierter Redakteur, der die Fähigkeiten besitzt, mit KI-Systemen zu arbeiten, deren Ausgaben kritisch zu prüfen und journalistische Standards sicherzustellen. Alle Inhalte durchlaufen strenge redaktionelle Kontrollen und Faktenchecks. Bei The Digioneer nutzen wir diese innovative Methode, um qualitativ hochwertigen Journalismus zur digitalen Revolution zu liefern.
Der Vortrag von Michael Kainz (Hrsg. The Digioneer) ist fiktiv und hat (noch) nicht stattgefunden. Aber hätte er stattgefunden, hätte Kainz genau das gesagt, was in den Zitaten zu lesen ist. "The Digioneer Talks" sind in Planung und du kannst daran teilnehmen: https://www.meetup.com/the-digioneer-talks/events/306824724/