
Eine Artikel von unserer Gastautorin Carola Wachholder
Stell dir vor, du scrollst durch deinen Social Media-Feed und stößt auf eine Nachricht, die dir seltsam vorkommt… Vielleicht liest du einen Artikel über eine neue Harvard-Studie, die behauptet, dass Kaffee das Leben um bis zu 15 Jahre verlängern kann, oder du siehst ein virales Video, welches warnt: „Trink niemals Leitungswasser – die Wahrheit über Fluoride!"
Wie kannst du sicher sein, dass diese Informationen wahr sind? Plattformen wie Twitter, Facebook und TikTok versuchen schon länger, gegen Desinformationen zu kämpfen. Leider oft mit mäßigem Erfolg.
Denn die Algorithmen dieser sozialen Netzwerke zeigen vor allem Inhalte, die viele Likes und Kommentare bekommen. Das sind meist Inhalte, die unsere Emotionen hochkochen lassen. Hinzu kommt, dass Menschen meist mit Inhalten versorgt werden, die sie in ihren bestehenden Überzeugungen bestätigen. Dieser Algorithmus führt dazu, dass Falschinformationen schneller verbreitet werden als gut recherchierte, meist weniger „spannende" Nachrichten.
Eine kürzlich durchgeführte Studie der University of Southern California (USC) zeigt, dass die Fähigkeit der Nutzer, Fakten von Fiktion zu unterscheiden, zunehmend schlechter wird. Diese Entwicklung wirft eine wichtige Frage auf: Wie gehen verschiedene Länder der Welt mit Desinformationen und den Herausforderungen von Datenschutz um?
Datenschutz und Desinformation: Ein globaler Vergleich
Datenschutz, unser Recht auf Privatsphäre, hat in Europa schon immer eine zentrale Rolle gespielt, lange bevor es globale Diskussionen über Datenmissbrauch und digitale Überwachung gab. In einer zunehmend vernetzten Welt ist Datenschutz das Wort der Stunde – doch der Umgang damit unterscheidet sich stark!
Europa, die USA und China verfolgen dabei sehr unterschiedliche Ansätze, die ihre politischen Prioritäten und ihre kulturellen Werte widerspiegeln.
In Europa gilt beispielsweise die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als internationaler Maßstab für den Schutz persönlicher Daten. Diese setzt bei den Unternehmen auf eine strenge Regulierung. Das heißt, ohne die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer dürfen keine personenbezogenen Daten gesammelt oder verarbeitet werden. Außerdem gibt es umfassende Rechte für uns Bürger, wie etwa die Information über gespeicherte Daten bis hin zum Recht auf Löschung der Daten.
Das große Ziel: Jeder Nutzer soll die Kontrolle über seine Daten haben.
Ganz anders sieht es in den USA aus. Hier existiert kein einheitliches Datenschutzgesetz. Stattdessen regeln einzelne Bundesstaaten den Umgang mit Daten sehr unterschiedlich. Meist räumt man den Nutzern gewisse Rechte ein, die auf einem sogenannten Opt-out-Prinzip basieren. Das bedeutet, Unternehmen dürfen Daten sammeln. Wer das nicht will, muss aktiv dagegen widersprechen! Im Fokus steht hier ganz klar die wirtschaftliche Nutzung von Daten.
China wiederum verfolgt mit dem Personal Information Protection Law (PIPL) einen dritten Weg. Auch hier ist die aktive Zustimmung (Opt-in) der Nutzer erforderlich – aber leider nur formal. Denn das Gesetz ist eng mit den Interessen der nationalen Sicherheit verknüpft. Der Staat darf auf persönliche Informationen zugreifen, wenn es um Sicherheitsbelange geht. Datenschutz ist hier keine Frage der individuellen Freiheit, sondern vielmehr ein Mittel der staatlichen Kontrolle.
Fazit: Während Europa den Datenschutz als Grundrecht versteht, liegt in den USA der Fokus klar auf der wirtschaftlichen Verwertbarkeit von Daten. China hingegen nutzt Datenschutzgesetze vor allem zur Überwachung im Interesse des Staates.
Ein global einheitlicher Standard? Der bleibt vorerst in weiter Ferne.
Die derzeit dringlichste Frage lautet: Wie können Personen, die bewusst falsche Inhalte oder Hass verbreiten, zur Rechenschaft gezogen werden? Und in welchen Ländern passiert das tatsächlich?
X unter Beschuss: Wie Hassreden und Meinungsfreiheit Unternehmen vertreiben
Seit Elon Musk Twitter – das jetzt X heißt – übernommen hat, hat sich die Plattform stark verändert. Studien zeigen, dass Hassreden um 50 % und transphobe Beleidigungen um 260 % zugenommen haben. Nutzer, die andere belästigen, beleidigen oder diffamieren, werden nicht gesperrt oder gar zur Rechenschaft gezogen.
Gerechtfertigt wird dieses „Nicht-Eingreifen" meist mit dem Recht auf Meinungsfreiheit. Dazu gehören laut Musk auch extreme oder kontroverse Aussagen. „Die Freiheit der Meinungsäußerung ist ein Grundrecht, das wir schützen müssen", so Elon Musk. Das sorgt nicht nur bei den Nutzern für Kritik.
Große Unternehmen wie Lego, Shell und Nestlé haben ihre Werbung von X bereits abgezogen – ein kleines Zeichen der Hoffnung gegen diese Entwicklung!
Viele Nutzer suchen nach alternativen Plattformen, die aktiv gegen Hassreden vorgehen und den Schutz von Daten in den Mittelpunkt stellen. Eine dieser Alternativen heißt Bluesky.
Bluesky: Die neue Hoffnung für soziale Medien
Bluesky, gegründet von Jack Dorsey, einem der Mitgründer von Twitter, will vieles anders machen. Die Plattform setzt auf Dezentralisierung und Transparenz, was bedeutet: Nutzer behalten die Kontrolle über ihre eigenen Daten. Dank des neuen AT-Protokolls können sie ihre Inhalte sogar problemlos auf andere Plattformen übertragen – ohne Angst, Daten zu verlieren. „Dezentralisierung ist die Zukunft der sozialen Medien. Wir wollen, dass Nutzer ihre Identität und ihre Kontakte plattformübergreifend mitnehmen können", so Bluesky.
Es gibt also erste Schritte, wie soziale Netzwerke fairer, sicherer und nutzerfreundlicher gestaltet werden können.
Doch nicht nur die sozialen Netzwerke spielen eine wichtige Rolle im Kampf gegen Desinformation. Entscheidend ist auch, wie gut Nutzer darin geschult sind, echte Informationen von Falschmeldungen zu unterscheiden.
Medienkompetenz in Österreich: Der Digitale Kompass gegen Desinformation
In Österreich will der Digitale Kompass dabei helfen, Medienkompetenz zu erwerben. Die Plattform bietet Workshops an, in denen man lernt, Fake News zu erkennen und kritisch zu hinterfragen. Thomas Prager, Mitgründer des Digitalen Kompasses, betont: „Medienkompetenz ist unverzichtbar, weil Falschmeldungen heute schneller verbreitet werden als je zuvor." Auch der ORF ist Partner und will besonders Jugendlichen helfen, sich selbstbestimmt zu informieren. Gearbeitet wird mit praktischen Übungen und Beispielen von Plattformen wie TikTok und Instagram – Kanäle, die für Jugendliche eine wichtige Informationsquelle sind. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann fasst es zusammen: „Medienkompetenz ist der Schlüssel, um sich in der multimedialen Welt nicht zu verlieren." Nicht nur die Regulierung von Falschinformationen ist wichtig, sondern auch die Fähigkeit der Nutzer, Informationen selbstbewusst zu bewerten.
Fazit: Die Nutzer selbst sind gefordert
Die vielfältigen Regulierungsansätze in Europa, den USA und China zeigen deutlich: Es gibt keine universelle Lösung gegen Desinformation. Ziel sollte jedoch sein: Die Nutzer zu schützen und die Förderung einer verantwortungsvollen Online-Kommunikation.
Durch die unterschiedlichen Regelungen bleibt ein Großteil der Verantwortung über bewussten Medienkonsum bei den Nutzern selbst. Wenn du das nächste Mal also durch deinen Feed scrollst, hinterfrage Inhalte, die besonders unglaubwürdig erscheinen, und recherchiere im Zweifelsfall lieber nochmal selbst.
Pro Tip: So überprüfst du Behauptungen im Netz
Lass uns gemeinsam die Behauptung checken: "TRINK NIEMALS LEITUNGSWASSER - Fluoride sind Gift!"
Fact-Checking Tutorial
Step 1: Erstmal Screenshots machen 📱
- Mach einen Screenshot vom Beitrag
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Warum? Manchmal werden Posts später gelöscht oder verändert. Mit Screenshots hast du Belege.
Step 2: Reverse Image Search 🔍
- Öffne Google Bilder (images.google.com)
- Lade das Bild aus dem Post hoch
- Schau, wo das Bild sonst noch auftaucht
- Prüfe das Datum der ersten Veröffentlichung
Fun Fact: Oft werden alte Bilder in einem völlig neuen Kontext wiederverwendet!
Step 3: Der Quick-Check mit Perplexity.ai 🤖
- Geh auf perplexity.ai
- Gib ein: "Sind Fluoride im Trinkwasser giftig?"
- Lass dir Quellen anzeigen
- Prüfe, ob die Quellen seriös sind
Pro-Tip: Perplexity zeigt dir direkt wissenschaftliche Quellen und Expertenmeinungen an.
Step 4: Der Faktencheck-Profi-Move 🎯
- Öffne diese drei Seiten parallel:
- Mimikama.at (Faktencheck-Portal)
- Correctiv.org (Faktencheck-Recherchen)
- Hoaxsearch.com (Sammlung bekannter Fakes)
- Such nach "Fluorid Trinkwasser"
- Filter nach aktuellen Ergebnissen
Zeitersparnis: Viele Fake News tauchen immer wieder auf und wurden schon gecheckt!
Step 5: Die Expertendatenbank 🎓
- Geh auf scholar.google.com
- Such nach "fluoride drinking water safety"
- Filter: "Seit 2020" für aktuelle Studien
- Check die meist-zitierten Papers
Wichtig: Wissenschaftliche Ergebnisse > Random TikTok Video
Step 6: Der Reality-Check vor Ort 📊
- Google: "[Deine Stadt] Wasserqualität Bericht"
- Öffne den offiziellen Bericht deines Wasserversorgers
- Such nach dem Fluorid-Wert
- Vergleich mit den gesetzlichen Grenzwerten
Nice to know: Wasserversorger müssen ihre Werte öffentlich machen!
Step 7: Die Kontext-Recherche 🌍
- Öffne Wikipedia
- Such nach "Trinkwasserfluoridierung"
- Scroll zu den Quellenangaben unten
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Trick: Wikipedia selbst ist keine Quelle - aber die Quellenangaben sind Gold wert!
Level Up: Frag die Expert:innen 👩🔬
- Twitter/LinkedIn: Such nach Wissenschaftler:innen im Bereich Wasserqualität
- Check ihre Verifizierung und Institution
- Les ihre Threads zum Thema
- Folg ihren Quellen
Bonus: Viele Expert:innen teilen aktuelle Forschung und entlarven Fake News.
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Goldene Regeln fürs Fact-Checking 👑
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Remember: Gutes Fact-Checking braucht Zeit - aber die ist es wert! 💪