
Hey, erinnert ihr euch noch an all die Marketing-Gurus, die uns jahrelang eingehämmert haben, dass ohne Videos nichts mehr geht? "Video first!" war das Mantra, "TikTok oder Tod!" der Schlachtruf. Tja, Buffer hat gerade Millionen von Posts analysiert und dabei so ziemlich jede heilige Kuh des Content-Marketings geschlachtet.
Die Ergebnisse? Ein Schlag ins Gesicht für alle, die ihr letztes Hemd für Video-Equipment ausgegeben haben. Und ein Hoffnungsschimmer für jeden EPU, der sich bisher wie ein Versager gefühlt hat, weil er keine Lust auf TikTok-Tänze hatte.
Während ich letzte Woche durch New York lief und wieder mal beobachten konnte, wie junge Influencer mit Profi-Equipment ihre hundertste "Get Ready With Me"-Session filmten, dachte ich mir: Was für eine verrückte Welt, in der wir glauben, nur noch mit Videos erfolgreich sein zu können. Buffer hat jetzt die Daten geliefert, die diese ganze Illusion zum Einsturz bringen.
Das Carousel-Wunder, das niemand kommen sah
Die größte Überraschung der Buffer-Studie? Carousels erzielen auf Instagram 12 Prozent mehr Engagement als Reels. Nicht 12 Prozent weniger – 12 Prozent MEHR. Lass das mal sacken, während du dich daran erinnerst, wie viele Stunden du damit verbracht hast, zu lernen, wie man "authentische" Reels schneidet.
Das ist, als würde sich herausstellen, dass Brieftauben E-Mails schlagen. Oder dass handgeschriebene Notizen besser ankommen als PowerPoint-Präsentationen. Manchmal ist die einfachste Lösung eben doch die beste – ein Konzept, das die Tech-Welt mit ihren "disruptiven Innovationen" gerne mal vergisst.
Ich hab vor ein paar Monaten eine Wiener Unternehmensberaterin interviewt, die mir erzählte, sie hätte monatelang versucht, professionelle Erklärvideo zu produzieren. Hunderte von Euros für Equipment, wochenlange Einarbeitung in Schnittprogramme, und am Ende sahen ihre Videos aus wie... nun ja, wie die einer Unternehmensberaterin, die eigentlich keine Videoproduktion gelernt hat.
Dann hat sie aus Frust ein simples Carousel gemacht: "7 Steuer-Mythen, die dich Geld kosten." Sieben schlichte Slides mit Text und einem simplen Hintergrundbild. Ergebnis? 340 Prozent mehr Engagement als ihre besten Videos. Sie meinte zu mir: "Jamie, ich hätte mir so viel Stress sparen können, wenn ich gewusst hätte, dass meine Zielgruppe einfach gute Informationen will, keine Netflix-Produktion."
LinkedIn: Wo Content-Marketing noch ehrlich ist
Auf LinkedIn sind die Zahlen noch drastischer. Carousels erzielten 278 Prozent höheres Engagement als Videos, 303 Prozent mehr als Bilder und – halte dich fest – fast 600 Prozent mehr als einfache Textposts.
600 Prozent! Das ist kein statistischer Ausreißer, das ist eine andere Liga. Es ist, als würde man einen Käfer gegen einen Ferrari antreten lassen.
LinkedIn ist ehrlich gesagt die einzige große Plattform, die noch nicht komplett vom Silicon-Valley-Wahnsinn infiziert ist. Während Instagram und TikTok ihre Algorithmen so programmiert haben, dass nur noch bezahlter Content durchkommt, belohnt LinkedIn tatsächlich noch Qualität und Mehrwert.
Das liegt vermutlich daran, dass LinkedIn-User noch nicht völlig verblödet sind von endlosem Doomscrolling. Sie sind tatsächlich da, um zu lernen und sich zu vernetzen – ein revolutionäres Konzept in der heutigen Social-Media-Landschaft.
Ein Freund von mir, ein IT-Berater aus Berlin, hat das perfekt auf den Punkt gebracht: "Jamie, auf LinkedIn kann ich noch wie ein normaler Mensch kommunizieren. Keine Tänze, keine Filter, keine Spielchen. Einfach gute Inhalte teilen und echte Gespräche führen." Seine LinkedIn-Carousels über Cybersecurity bekommen regelmäßig mehr Reaktionen als manche Influencer-Posts mit Millionen-Reichweite.
Facebook: Der totgesagte Riese lebt
Alle reden Facebook tot, aber die Buffer-Daten zeigen: Einfache Bildposts erzielen hier das höchste Engagement. Videos landen nur auf Platz drei. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die Facebook als "Boomer-Plattform" abgeschrieben haben und ihre Video-Ressourcen lieber in TikTok gesteckt haben.
Die Ironie dabei? Während alle jungen Marken krampfhaft versuchen, auf TikTok durchzubrechen und dabei ihre Budgets verbrennen, liegt auf Facebook eine riesige, kaufkräftige Zielgruppe brach. Eine Zielgruppe, die lieber authentische Bilder sieht als aufgeblasene Video-Produktionen.
Letztes Jahr habe ich einen Berliner Architekten porträtiert, der jeden Freitag ein simples Foto seiner Arbeitswoche postet. Vom ersten Bleistiftskizzen bis zum fertigen 3D-Rendering. Kein Schnickschnack, keine Effekte, einfach ehrliche Einblicke in seine Arbeit. Seine Engagement-Rate? 8,3 Prozent. Seine aufwändigen Drohnenvideos, für die er extra eine Lizenz gemacht hat? 2,1 Prozent.
"Die Leute wollen Authentizität, nicht Hollywood", sagte er mir. "Meine Kunden interessieren sich für meine Arbeit, nicht für meine Filmkünste."
X: Wo Worte noch zählen
Auf X haben Textbeiträge ein um 30 Prozent höheres Engagement als Videos. Das ist besonders bemerkenswert, weil X unter Elon Musk zu einer Video-Plattform umgebaut werden sollte. Tja, manchmal wissen die User besser, was sie wollen, als die Tech-Milliardäre.
X bleibt die Plattform für alle, die noch denken können und wollen. Für schnelle Insights, kontroverse Takes und echte Diskussionen. Während andere Plattformen zu Entertainment-Maschinen verkommen sind, ist X noch ein Ort für Ideen geblieben.
Die große Content-Verschwörung
Aber warum hat uns die Marketing-Industrie so lange das "Video first"-Märchen erzählt? Die Antwort ist so simpel wie zynisch: Videos sind teurer zu produzieren. Sie erfordern mehr Zeit, mehr Tools, mehr Expertise. Und das bedeutet mehr Geld für Agenturen, Freelancer und Tool-Anbieter.
Ein simples Carousel kann jeder mit Canva in zehn Minuten erstellen. Ein "professionelles" Video braucht Equipment, Software, Know-how – oder eben eine Agentur, die gerne vierstellige Summen für 60-Sekunden-Clips berechnet.
Die Video-Industrie hat uns erfolgreich eingeredet, dass kompliziert besser ist. Dass aufwändig professioneller ist. Dass teuer wertvoller ist. Buffer zeigt jetzt: Das war alles Bullshit.
Es erinnert mich an die Zeit, als Webdesign-Agenturen uns erzählt haben, dass jede Website Flash braucht. Oder als SEO-"Experten" behauptet haben, man müsse Google mit hunderten Keywords zuspammen. Am Ende gewannen die einfachen, nutzerfreundlichen Lösungen – wie immer.
Warum EPUs jetzt feiern sollten
Als Ein-Person-Unternehmen hattet ihr schon immer einen entscheidenden Vorteil: Ihr müsst keine Marketing-Agentur rechtfertigen, die euch für Videos das Geld aus der Tasche zieht. Ihr könnt einfach das machen, was funktioniert.
Die Buffer-Daten bestätigen, was ich schon lange vermutete: Authentizität schlägt Perfektion. Mehrwert schlägt Spektakel. Ehrlichkeit schlägt Hollywood-Produktion.
Während große Unternehmen ihre Video-Teams aufstocken und TikTok-Stars anheuern, könnt ihr einfach das machen, was ihr am besten könnt: Euer Fachwissen teilen. Ehrlich, direkt und ohne Schnickschnack.
Eine Münchner Steuerberaterin, die ich kenne, hat das perfekt verstanden. Statt aufwändiger Erklärvideos macht sie simple Carousels mit Überschriften wie "5 Dinge, die du über die Steuer nicht weißt" oder "So sparst du 2025 richtig Steuern". Ihre Kunden lieben es, weil sie endlich verständliche Informationen bekommen, statt Marketing-Geblubber.
Die Post-Video-Ära hat begonnen
Versteh mich nicht falsch: Videos haben ihren Platz. Auf TikTok funktionieren sie nach wie vor am besten, und auch auf anderen Plattformen können sie Reichweite generieren. Aber die Gleichung "Video = Erfolg" ist tot.
Was die Buffer-Studie wirklich zeigt: Erfolg auf Social Media hat weniger mit dem Format zu tun als mit der Qualität des Inhalts. Menschen wollen Mehrwert, nicht Unterhaltung um jeden Preis. Sie wollen lernen, nicht berieselt werden.
Das ist besonders ermutigend für alle, die nie den Sprung ins Video-Marketing geschafft haben. Ihr wart nicht zu langsam oder zu altmodisch – ihr wart eurer Zeit voraus.
In einer Welt, in der TikTok-Stars ihre 15 Minuten Ruhm mit immer verzweifelteren Stunts zu verlängern versuchen, in der Instagram-Influencer mit ihrem hundertsten "Day in my Life"-Video nerven und in der YouTube mittlerweile mehr wie Fernsehen aussieht als wie eine Plattform für echte Creators, sind simple, ehrliche Carousels eine Erfrischung.
Sie sind das digitale Äquivalent zu einem guten Gespräch bei einem Kaffee. Kein Pomp, kein Spektakel, einfach Mensch zu Mensch.
Der Algorithmus-Realitätscheck
Die Buffer-Daten zeigen auch etwas anderes: Kleinere Accounts haben auf bestimmten Plattformen ihren eigenen Raum gefunden, wo der Algorithmus Content basierend auf Qualität bewirbt, nicht darauf, wer ihn teilt. Das ist die beste Nachricht für EPUs seit Jahren.
Während die großen Marken ihre Millionen-Budgets in Paid Promotion stecken, könnt ihr mit guten Inhalten organisch durchbrechen. Der Algorithmus ist nicht euer Feind – er ist euer Verbündeter, wenn ihr versteht, was eure Zielgruppe wirklich will.
80 Prozent der Gen Z und Millennials recherchieren online über kleine Unternehmen, bevor sie dort einkaufen. Sie sind nicht auf der Suche nach dem nächsten viralen Video – sie wollen wissen, ob ihr kompetent seid, vertrauenswürdig und ob ihr ihnen helfen könnt.
Ein simples Carousel mit "7 Gründe, warum du mich als [deine Dienstleistung] wählen solltest" kann mehr Kunden bringen als das aufwändigste Imagevideo. Weil es ehrlich ist. Weil es direkt ist. Weil es zeigt, was ihr drauf habt.
Die Zukunft gehört den Authentischen
Buffer hat mit seiner Studie etwas enthüllt, was die Marketing-Industrie lange Zeit verschleiert hat: Guter Content hat wenig mit teurer Produktion zu tun. Er hat viel mit Verständnis für die Zielgruppe zu tun.
Die Zukunft gehört nicht den Video-Artisten oder den TikTok-Tänzern. Sie gehört denen, die verstehen, dass Social Media am Ende nur ein Werkzeug ist – ein Werkzeug, um echte Verbindungen zu schaffen und echten Mehrwert zu liefern.
Als EPU habt ihr einen riesigen Vorteil: Ihr seid authentisch, ohne es zu versuchen. Ihr müsst keine Corporate Identity durchdrücken oder Markenrichtlinien befolgen. Ihr könnt einfach ihr selbst sein – und das ist, was die Menschen wollen.
Also hört auf, euch Gedanken über das perfekte Video-Setup zu machen. Macht ein Carousel. Teilt euer Wissen. Seid ehrlich. Die Buffer-Daten zeigen: Das funktioniert besser als alles andere.
Die große Content-Lüge ist entlarvt. Die Video-Diktatur ist vorbei. Willkommen in der Ära des authentischen Contents.
Quellen
Hauptquelle: Buffer (2025): "The Data on Best Content Format for Social Media" - Analyse von Millionen Social-Media-Posts zur Performance verschiedener Content-Formate auf Instagram, LinkedIn, TikTok, Threads, X und Facebook.


Weitere Quellen:
- Metricool (2025): "Social Ads Study 2025" - Analyse von über 500.000 Kampagnen
- Metricool (2025): "Social Media Study 2025" - Umfassende Plattform-Analyse mit Fokus auf Engagement-Trends
- AllSocial/AllFacebook (2025): "Social Trend Reports 2024" - Studiensammlung zu aktuellen Social-Media-Trends
- Adobe Studie (2024): Gen Z Suchverhalten auf TikTok vs. Google
- Swat.io (2025): "Social Media Marketing 2025: Challenges and Goals"
Jamie Walker berichtet aus New York für The Digioneer über Gesellschaft, Technologie und digitale Transformation. Sie ist bekannt für ihre kritischen Analysen der Tech-Industrie und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.